Slut-Shaming: nicht mehr zeitgemäß
Wenn ein Mann mit zehn Frauen Sex hatte, ist er ein cooler Typ, wenn eine Frau mit zehn Männern Sex hatte, ist sie eine Nutte. Eine Frau, die bereits viele Partner hatte, gilt als verlebt. Und nicht zuletzt: Männer multiplizieren meistens die Anzahl an Partnern, mit denen sie Sex hatten, mit drei, um anzugeben, während Frauen die Zahl umgekehrt durch drei teilen, um nicht als Schlampe abgestempelt zu werden. Kommt dir das bekannt vor? Den meisten Frauen wahrscheinlich leider schon. Balle die Faust gegen Slut-Shaming. Es ist nicht mehr zeitgemäß.
Slut-Shaming: völlig überholt
Was ist überhaupt eine Schlampe? Per Definition handelt es sich dabei um eine ‘unzüchtige’ Frau. Das ist eine ziemliche Anschuldigung, denn Unzucht bedeutet, dass man sexuelle Handlungen ausführt, die gegen das Gesetz sind. Im Volksmund wird ein Mädchen oder eine Frau als Schlampe beschimpft, weil sie vielleicht mehrere Jungens am selben Abend küsst oder wenn sie viele Bettpartner hat. Slut-Shaming ist die englische Bezeichnung, mit der man ein Mädchen oder eine Frau als Schlampe abstempelt. Im Deutschen hört man oft auch Worte wie Nutte, Hure oder ähnliches. Slut-Shaming kommt aber in noch viel mehr Formen vor, als bisher angesprochen. Manchmal bekommen Frauen oder Mädchen ‘Schlampe’ an den Kopf geworfen, nur weil sie Verhütungsmittel verwenden möchten, weil sie Sex vor der Ehe haben, One-Night-Stands oder Casual Sex haben, aber auch wegen bestimmter sexueller Vorlieben (z.B. Kinky Sex).
Sexuelle Ungleichheit zwischen Männern und Frauen
Sexuelle Ungleichheit zwischen Männern und Frauen: Sie existiert in vielen Ländern nach wie vor. Man denke nur an das schreckliche Phänomen des Ehrenmords. Amnesty International definiert den Ehrenmord als Racheakt, bei dem eine Frau ermordet wird, weil sie die ‘Familienehre beschmutzt’ hat, indem sie z.B. Ehebruch begangen, den Ehepartner abgewiesen oder jemanden geheiratet hat, ohne Einwilligung der Familie. Um sie zu töten oder zumindest schwer zu entstellen, wird die Frau angezündet oder mit Säure übergossen. Oder sie wird direkt ermordet. Selbst hierzulande gibt es jedes Jahr Dutzende Fälle von Ehrenmord. In Pakistan z.B. gibt es nach Schätzung von Amnesty jährlich Hunderte Frauen, die auf diesem Wege ihr Leben verlieren.
Slut-Shaming: Wer macht das?
Der Ehrenmord ist die Extremform der Ablehnung von (sexuellen) Entscheidungen einer anderen Person. Aber eben auch das Slut-Shaming ist ein Ausdruck, oft von Männern aber auch von Frauen, um ihre Abneigung gegenüber dem Lebensstil einer anderen Person zu zeigen. Dies entspringt oft einem Gefühl der Unsicherheit gegenüber den eigenen sexuellen Neigungen und Erfahrungen. Jede Frau bekommt irgendwann in ihrem Leben einmal das Wort ‘Schlampe’ zu hören. Das ist erniedrigend und überflüssig. Und mit dem Aufkommen des Internets und der Social Media ist es noch viel einfacher geworden, jemand anderen (gerne auch anonym) zu beleidigen. Es wird darum höchste Zeit, dass dies aufhört.
UnSlut
Niemand sollte sich von deiner Lebensweise bedroht fühlen. Sex ist Kraft. Es ist dein Körper, und du triffst deine eigenen Entscheidungen. Diese Meinung vertritt auch Emily Lindin, Gründerin von The UnSlut Project. In ihrem Film ‘UnSlut: A Documentary Film’ lernt man unter anderem die Geschichte von Rehtaeh Parsons kennen. Sie wird im Alter von 15 Jahren von vier Jungen vergewaltigt, die zudem Fotos der Vergewaltigung in Umlauf bringen. Sie wird daraufhin als Schlampe und Nutte ausgemacht und nimmt sich eineinhalb Jahre nach der Vergewaltigung das Leben.
Vielleicht hast du bereits am eigenen Leib erfahren, wie schrecklich es ist, als Schlampe beschimpft zu werden, oder du verspürst die Neigung, dies bei anderen zu tun. Dann mache das Folgende, um so etwas in Zukunft zu vermeiden.
1. Urteile nicht über eine Frau, nur weil irgendjemand Fotos von ihr verbreitet
Gib es zu: Hast du auch schon einmal ein Nacktfoto verschickt? Die meisten Menschen haben dies bereits einmal gemacht. Im besten Fall wird es vom Empfänger direkt wieder gelöscht und man hört nie wieder etwas davon. Leider werden solche privaten Fotos aber auch sehr oft weiterverbreitet. Die Erniedrigung, die dann folgt, führt immer wieder zu Selbstmorden bei Teenagern. Dabei trifft denjenigen, der die Fotos gemacht hat, keine Schuld. Die Person, die sie verbreitet hat, ist der Schuldige. Unterstütze das Opfer, indem du die Fotos löschst und versuche auch zu vermeiden, dass andere sie weiterschicken.
2. Mache dich nicht über die sexuellen Vorlieben von anderen lustig
Der Umstand, dass jemand anderes andere sexuelle Vorlieben hat als du, ist kein Grund, um den oder die Betreffende lächerlich zu machen. Beteilige dich nicht am Tratsch über die Nachbarin, die sich vielleicht für BDSM begeistert oder am Klatsch über den Kollegen, der Golden Showers mag. Das einzige Sexleben, über das du wirklich etwas zu sagen hast, ist dein eigenes.
3. Casual Sex ist sowohl bei Männern als AUCH bei Frauen okay
Ich hatte es bereits in der Einleitung erwähnt: Es herrscht Ungleichheit auf dem Gebiet der Sexualität zwischen Männern und Frauen. Indem du sagst, dass du ‘genau wie ein Mann bist’, weil du dich z.B. in der Lage fühlst, Liebe und Sex voneinander zu trennen, bleibt diese Ungleichheit erhalten. Casual Sex kann von Männern und Frauen gleichermaßen erlebt werden. Nicht jede Frau will sofort eine Beziehung und nicht jeder Mann will nur eine Sexnacht.
4. Nein, sie wollte das keineswegs
Für sexuell grenzüberschreitendes Verhalten gibt es keinerlei Rechtfertigung. Egal, wie sexy sie sich auch kleidet: Eine Frau will niemals sexuell belästigt oder vergewaltigt werden. Indem man behauptet, dass eine Frau oder ein Mädchen eine Vergewaltigung aufgrund ihrer Kleidung ‘herausgefordert’ hätte, fügt man ihr nur noch mehr Schmerz und Erniedrigung zu. Selbst wenn du splitternackt auf der Straße unterwegs wärst, sollte noch immer jeder Mann seine Finger von dir lassen. Die Tatsache, dass sich manche Männer nicht beherrschen können, ist nicht die Schuld der Frauen, egal wie sie gekleidet sind.
5. Gehe nicht davon aus, dass sich jemand nur für einen potentiellen Partner schön macht
Wenn man sich herausputzt, schöne Dessous trägt oder sich besonders sexy kleidet, macht man das dann nur deshalb, um einen potentiellen Partner zu beeindrucken? Oder findet man es einfach toll, sich ab und zu – oder auch täglich – so richtig ins Zeug zu legen und total durchgestylt das Haus zu verlassen? Schöne Dessous verleihen einem Selbstbewusstsein, darum tragen viele Frauen sie nur aus diesem Grund. Und darum ist auch die Wahrscheinlichkeit eher klein, dass die Kollegin sich so sexy angezogen hat, weil die deinen Freund verführen möchte. Versuche immer das Gute in der anderen Frau zu sehen.
Und es gibt noch mehr, womit du helfen kannst. Hörst du, dass deine Freunde schlecht über eine Frau sprechen? Dann melde dich zu Wort. Verteidige deine Freundinnen aber auch andere Frauen, z.B. auf Social Media, wenn schlecht über sie gesprochen wird. Bringe deinen Kindern bei, dass Männer und Frauen gleich sind und dass Mädchen genau wie Jungen mit ihrer Sexualität tun und lassen dürfen, was sie wollen. Und noch zum Schluss: Sprich nicht schlecht von anderen Frauen, denn wenn es ein Thema gibt, bei dem wir einander unterstützen können, dann ist es dieses.
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