Mein Körper, meine Entscheidung. Abtreibungsregeln weltweit
Sich für eine Abtreibung zu entscheiden, ist etwas, dass sicher alles andere als leicht fällt. Eine entsprechende Entscheidung wird von vielen Faktoren beeinflusst wie z.B. der Lebensphase, in der man sich befindet, ob man für das Baby sorgen kann, welche Menschen einen umgeben, wer der Vater ist und vor allem: ob man dazu bereit ist, Mutter zu werden. Die Abtreibungsregeln sind je nach Land und oft sogar je nach Teilstaat unterschiedlich, wie etwa in den USA. Wir sind der Meinung, dass dies ein wichtiges Thema ist und möchten dir darum etwas mehr über die unterschiedlichen Abtreibungsregeln weltweit erzählen.
Das Recht auf Abtreibung: Mein Körper, meine Entscheidung
‘Mein Körper, meine Entscheidung’, diesen und ähnliche Slogans kennt man sicherlich. Während der zweiten feministischen Welle, die etwa Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts aufkam, kämpften Männer und Frauen erneut für die Gleichberechtigung beider Geschlechter. Ein wichtiger Punkte hierbei war: Verhütung und Abtreibung. Die bekannteste feministische Aktionsgruppe in den Niederlanden nannte sich ‘Dolle Mina’s’. Durch ihre einfallsreichen Aktionen hatte die Gruppierung starken Zulauf und überall im Land bildeten sich Teilgruppen. Der Slogan ‘Chef im eigenen Bauch’ wurde eingesetzt, als der Kampf um die Legalisierung der Abtreibung und der Anti-Babypille entbrannte. 1974 wurde die Aktionsgruppe ‘Wir Frauen Fordern’ errichtet. Sie kämpfte für eine Änderung des Abtreibungsrechts mit den folgenden drei Forderungen:
- Abtreibung muss aus dem Strafgesetzbuch verschwinden;
- Die Kosten müssen von den Krankenkassen getragen werden;
- Und besonders wichtig: Die Frau entscheidet.
Es dauert aber noch bis 1984, bis Abtreibung in den Niederlanden legal wurde. Die Niederlande waren aber nicht das erste Land, das Abtreibung legalisierte: In Island und Schweden dürfen Frauen bereits seit 1935 bzw. 1938 legal abtreiben, unter bestimmten Voraussetzungen.
Abtreibung in Deutschland
In Deutschland ist eine Abtreibung legal. Sie unterliegt aber strengen Regeln. Die Grenze für eine Abtreibung liegt in Deutschland, Frankreich und Belgien bei einer Schwangerschaftsdauer von 12 Wochen. Wenn man infolge eines Verbrechens (wie z.B. Kindesmissbrauch oder Vergewaltigung) schwanger geworden ist oder das ungeborene Kind schwer behindert ist, ist eine Abreibung unter bestimmten Umständen auch noch nach der 12. Schwangerschaftswoche möglich. Bis vor Kurzem wurde es Frauen in Deutschland nicht gerade einfach gemacht, einen Abtreibungsarzt oder eine Abtreibungsklinik zu finden, denn entsprechende Ärzte und Einrichtungen dürfen nicht kommunizieren, dass sie Abtreibungen durchführen. Inzwischen gibt es aber eine medizinische Interessengemeinschaft, die entsprechende Informationen verbreiten darf.
Abtreibungsregeln in den Niederlanden
In den Niederlanden ist es genau wie in Deutschland legal, sich einer Abtreibung zu unterziehen. Natürlich gibt es auch hier strenge Regeln. Eine Abtreibung darf in den Niederlanden bis zur 24. Schwangerschaftswoche stattfinden, denn danach wäre ein Kind bereits lebensfähig, wenn es geboren werden würde. In der Praxis halten Ärzte eher 22 Wochen als Grenze ein, denn die Dauer einer Schwangerschaft kann nur etwa auf zwei Wochen genau bestimmt werden. Nach 24 Wochen darf eine Schwangerschaft nur dann abgebrochen werden, wenn schwerwiegende gesundheitliche Gefahren vorhanden sind; wenn z.B. das Kind nicht lebensfähig ist. Die Abtreibung findet in den Niederlanden im Krankenhaus oder einer Abtreibungsklinik statt. Sie ist kostenlos, wenn man in den Niederlanden wohnt und unter die (gesetzliche) Krankenversicherung fällt.
Bedenkzeit bei einer Abtreibung
Man sollte wissen, dass es eine vorgeschriebene Bedenkzeit von fünf Tagen gibt. Diese beginnt nach dem ersten Gespräch mit dem Hausarzt oder in der Abtreibungsklinik. Mit dieser Bedenkzeit soll vermieden werden, dass man eine voreilige Entscheidung trifft, die man später bereut. Das ist nichts Ungewöhnliches: Auch in Ländern wie Deutschland, Italien oder Luxemburg gelten entsprechende Bedenkzeiten. In Belgien und Ungarn muss eine Beratung bei einem Psychiater oder Psychologen erfolgen.
Die vorgeschriebene Bedenkzeit gilt nicht, wenn man (weniger als) 16 Tage über dem Menstruationsdatum ist. Eine entsprechende Behandlung wird dann auch nicht als Abtreibung bezeichnet.
Unterschiedliche Abtreibungsmethoden
Es gibt unterschiedliche Abtreibungsmethoden, denen man sich unterziehen kann.
- Abtreibungspille: Wenn man noch nicht länger als neuen Wochen schwanger ist, kann man sich für eine Abtreibungspille, also einen Medikamentenabbruch entscheiden. Den ersten Teil erhält man im Krankenhaus, den zweiten bringt man selbst nach einigen Tagen vaginal ein.
- Kürettage: Bis zur 13 Schwangerschaftswoche (und bei einer Behandlung, wenn die Menstruation überfällig ist) unterzieht man sich einer Saugkürettage. Dabei handelt es sich um die sicherste Methode eines Schwangerschaftsabbruchs. Bei einer Kürettage wird die Gebärmutter mit einer dünnen Kanüle ausgesaugt. Dabei kann man zwischen unterschiedlichen Betäubungsarten wählen, natürlich in Absprache mit dem Arzt und der Klinik. Eine Kürettage dauert höchstens zehn Minuten.
- Instrumentale Abtreibung: Ab der 14. Schwangerschaftswoche ist nur noch eine instrumentale Abtreibung möglich. Dabei wird unter örtlicher Narkose der Fötus mit Instrumenten zerkleinert und entfernt.
Abtreibungsregeln in Großbritannien
In Großbritannien darf man, genau wie in den Niederlanden, bis zur 24. Schwangerschaftswoche abtreiben. Diese beiden Länder bilden eine echte Ausnahme hinsichtlich der fortgeschrittenen Schwangerschaft unter den übrigen europäischen Ländern. Darum reisen manche Frauen in diese Länder, um sich dort einem Schwangerschaftsabbruch zu unterziehen. Um wie viele Frauen es sich dabei handelt, ist nicht genau bekannt. 2014 besuchten etwa 3000 Frauen die Niederlande für eine Abtreibung. Sie kamen aus Ländern wie Frankreich, Deutschland und Belgien. 2016 besuchten etwa 5000 Frauen Großbritannien für eine Abtreibung.
Abtreibung in den USA
Das Recht auf Abtreibung fällt in den USA unter das ‘Recht auf Privatsphäre’. 1973 fand der Prozess Roe gegen Wade statt, bei dem Roe ein Pseudonym für Norma McCorvey war. Sie wollte sich einer Abtreibung unterziehen, was aber in ihrem Heimatstaat Texas unmöglich war. Sie hätte wohl niemals damit gerechnet, dass ihr Fall gegen den Staat dazu führen würde, dass der oberste Gerichtshof die meisten Gesetze gegen Abtreibung für grundgesetzwidrig erklärte.
Jeder Staat verfügt über mindestens eine Abtreibungsklinik, allerdings sind die Regeln überall unterschiedlich. Im Großteil der Staaten (wie New York oder Kalifornien) gilt, dass der Fötus bei der Abtreibung noch nicht lebensfähig sein darf. In anderen Staaten wird die Grenze deutlicher formuliert, z.B. in Florida mit 24 Wochen, 25 Wochen in Virginia und 22 Wochen in den Dakotas. Das Gleiche gilt für die gesetzliche Bedenkzeit, die es in manchen Staaten gibt und in anderen nicht.
Konservatives Texanisches Abtreibungsgesetz
Obwohl die meisten Frauen nach sechs Wochen Schwangerschaft noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind, hat der Staat Texas dies als äußerste Grenze für einen Schwangerschaftsabbruch festgelegt. Dieses umstrittene neue Abtreibungsgesetz wurde erst vor Kurzem verabschiedet und führt zu zahlreichen Protesten. Sogar Frauen (und Mädchen), die aufgrund einer Vergewaltigung oder Inzest schwanger geworden sind, dürfen nicht abtreiben. Das hat selbst dazu geführt, dass die Amerikanische Regierung den Staat Texas wegen dieses ultra-konservativen Gesetzes verklagt hat. Das Gesetz sieht zudem vor, dass Menschen, die andere wegen einer illegalen Abtreibung verraten, hierfür einen Bonus von 10.000 Dollar erhalten. Texas ist aber nicht der einzige Staat mit scharfen Abtreibungsregeln: 12 weitere amerikanische Bundesstaaten versuchen ebenfalls äußerst strenge Regeln auf diesem Gebiet einzuführen. In Unterschied zu Texas werden diese Gesetzesentwürfe aber immer wieder von höheren Gerichten abgeschmettert. Der überwiegend republikanisch, konservativ geprägte Supreme Court hat dies aber im Falle von Texas nicht getan.
Abtreibungsregeln weltweit
Komplett verboten oder ein schwerer Kampf
Es gibt nur wenige Länder auf der Welt, in denen eine Abtreibung komplett verboten ist. El Salvador, Honduras, Nicaragua und die Dominikanische Republik gehören zu diesen Ländern. In Süd- und Mittelamerika ist es aber auch in einigen Ländern möglich, sich einer Abtreibung zu unterziehen, z.B. in Cuba, Guyana und in der mexikanischen Hauptstadt Mexico-City. Und obwohl es auch in einigen anderen Ländern legal ist, ist eine Abtreibung, selbst wenn man alle Voraussetzungen für sie erfüllt, oft nur schwer zu bekommen.
Die strengsten Abtreibungsregeln von Europa
In Polen gingen in den letzten Monaten Tausende von Menschen auf die Straße, um gegen das neue verschärfte Abtreibungsgesetz zu protestieren. Eine Abtreibung ist dort jetzt nur noch möglich, wenn die Mutter durch die Geburt in Lebensgefahr schwebt oder wenn diese durch Inzest oder Vergewaltigung zustande gekommen ist. Hierdurch ist das Recht, selbst über seinen eigenen Körper bestimmen zu können, weiter eingeschränkt worden. Es gibt zudem noch eine Reihe konservativer Ministaaten in Europa wie den Vatikanstaat, Andorra und Malta, die sogar noch weiter gehen. In ihnen ist Abtreibung absolut verboten. Auch in Irland war bis vor Kurzem Abtreibung verboten, sogar dann, wenn man durch Inzest oder Vergewaltigung schwanger geworden war oder das Kind an schweren Abweichungen litt.
Das Recht, über den eigenen Körper entscheiden zu dürfen: In vielen Ländern sind positive Entwicklungen zu sehen, in anderen ist dagegen der Weg noch sehr weit. Weltweit gibt es Millionen Frauen, die keinen Zugang zu Verhütungsmitteln haben geschweige denn eine Abtreibung durchführen lassen könnten. Wir hoffen aber auch weiterhin, dass es nicht mehr allzu lange dauern wird, bis wirklich jede Frau Herr(in) über ihren eigenen Körper und ihren Bauch sein darf.
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