Toxic Masculinity: Die Risiken für ihn und dich

Toxic masculinity

Ein echter Kerl ist dominant, cool, aggressiv, verdient das Geld, macht nichts im Haushalt, steht im Rang über seiner Partnerin und kennt keine Emotionen. Heulen ist was für Weicheier und Schwule. Das alles klingt vollkommen überholt für jemanden, der in Westeuropa wohnt, es gibt aber noch genügend Länder und Regionen, in denen solche Vorstellungen ganz normal sind. Ganze Horden von Frauen fragen sich, warum ihre Väter, Brüder und Partner nicht über ihre Gefühle sprechen. Hier wollen wir in die Welt der Toxic Masculinity eintauchen, in der Hoffnung, Antworten zu finden.

Was ist Toxic Masculinity?

Toxische also giftige Männlichkeit, bekannt unter der englischen Bezeichnung Toxic Masculinity, ist eine recht weiter Begriff. Er bezieht sich auf den kulturellen Druck bezüglich Männlichkeit. Jungen wird beigebracht, dass ein ‘echter Mann’ dominant und aggressiv sein sollte. Man muss cool sein und darf keine Gefühle zeigen. Das kann aber sehr schädlich für den physischen und mentalen Zustand eines Jungen oder Mannes sein und auch für die ganze Gesellschaft. Darum bezeichnet man diese Form des sozialen Drucks als Toxic Masculinity. Es handelt sich um ein viel diskutiertes und ausführlich untersuchtes Thema, für das es ebenso viele Definitionen gibt. Man denke nur an Harvey Weinstein, der von nicht weniger als 90 Frauen beschuldigt wird, sich sexuellen Fehlverhaltens schuldig gemacht zu haben. Wie konnte er so lange damit durchkommen? War das so, weil er so mächtig, stark und männlich war?

Mächtig, stark und männlich

Forscher sind sich weltweit einig, dass es drei wichtige Elemente gibt, wenn man Toxic Maculinity beschreiben will:

  • Stärke: Männer müssen sowohl physisch als auch emotional stark sein. Sie sollten keinem Kampf aus dem Wege gehen (denn sie sind cool und dominant). Andererseits sind sie emotional unzugänglich: Emotionen werden unterdrückt und geheult wird nicht (in der Öffentlichkeit).
  • Macht: Nur als gemachter Mann mit Macht und sozialem und finanziellem Status wird man von anderen respektiert. Karriere machen ist das ultimative Ziel.
  • Gegen Weiblichkeit: Alles, was auch nur im Mindestens als weiblich erscheinen könnte, ist not done. Vom Zeigen von Emotionen bis hin zum für sich selbst Sorgen.

Eine Untersuchung aus dem Jahr 2019 kam zu dem Ergebnis, dass Männer, die mit solchen traditionellen Vorstellungen aufwachsen, anderen weniger schnell helfen werden. Sie werden z.B. anderen nicht so schnell zur Hilfe eilen, wenn sie angegriffen oder verbal attackiert werden.

Negative Folgen für die körperliche Gesundheit

Wie bereits erwähnt, kann sich Toxic Masculinity negativ auf die Gesundheit auswirken. Untersuchungen aus dem Jahr 2007 zeigten, dass Männer, die in einer Umgebung aufwachsen, in der ‘Männlichkeit’ als wichtig gesehen wird, viel ungesunde Angewohnheiten haben. Sie rauchen, trinken (sehr) viel Alkohol und essen nur wenig Gemüse. Die gleiche Untersuchung zeigte zudem, dass sie diese Dinge nicht als ungesund sondern als normal ansehen. Eine weitere Untersuchung aus dem Jahr 2011 kam zu dem Ergebnis, dass Männer, die mit einer ausgeprägten Vorstellung über Männlichkeit aufwachsen, kaum oder gar nicht zum Hausarzt gehen, verglichen mit anderen Männern. Denn dies könnte ihrer Männlichkeit abträglich sein.

Negative Folgen für die mentale Gesundheit

Aber auch die mentale Gesundheit kann unter Toxic Masculinity leiden. Das ist auch kein Wunder, wenn man schon von klein auf hört, dass man ein harter Kerl sein muss, anstatt umarmt zu werden und über seine Gefühle sprechen zu dürfen. Jungen und Männer, die Toxic Masculinity ausgesetzt sind, fühlen sich ständig unter Druck gesetzt, um möglichst cool, stark und erfolgreich zu sein. In der Schule aber auch später beim Sport, bei der Arbeit und im persönlichen Leben. Sie müssen (natürlich) heterosexuell sein und immer Lust auf Sex haben. Selbstverständlich passt aber nicht jeder in diese sehr spezielle Nische. Wenn man mit der Vorstellung aufwächst, dass Frauen und schwule Männer minderwertig sind, fällt es nicht leicht, diese Ideen hinter sich zu lassen. Es kann sogar schädlich sein. Aus diesem Grund hat die American Psychological Association (APA) neue Richtlinien zur Behandlung von Männern und Jungen mit Toxic Masculinity bezogenen Problemen erlassen.

Toxic Masculinity: Gefahr für Frauen

Echte Männer denken eben einfach ständig an Sex und können sich auch nicht so leicht beherrschen. Wenn man also nur leicht bekleidet über die Straße läuft und Er hat Lust, dann wolltest du es nicht anders, oder? Wrong! Das Hinterherrufen, Reduzierung auf ein Objekt, Belästigung und Vergewaltigung, all das ist keineswegs normal oder damit zu erklären, dass ‘Männer nun einmal so wären’. All das sind schlappe Ausreden, mit denen nur der eigene Sexismus verkappt werden soll. Gewalt gegen Frauen und Homosexuelle findet so gut wie immer mit einer herablassenden Einstellung statt: Die Opfer sind weniger Wert als der Täter und darum muss man ihnen zeigen, wo der Hammer hängt.

Lernen, über Gefühle zu sprechen

In den USA gibt es spezielle Kurse, die Männern dabei helfen, gefährliches Verhalten bezüglich Toxic Masculinity abzulegen. Dabei wird der körperlichen Dominanz Aufmerksamkeit gewidmet, wenn die Männer dazu neigen, ihre Frauen und Kinder zu schlagen oder anderweitig zu misshandeln. Das Hauptaugenmerk liegt aber auf Emotionen: Frustration, Kummer, Wut; alles Emotionen, mit denen diese Männer nicht gut umgehen können. Wenn dein Partner niemals gelernt hat, über seine Gefühle zu sprechen, kann dies auch für dich schwierig werden. Vor allem, wenn man auf bestimmte Hürden stößt, über die nun einmal gesprochen werden muss, damit die Beziehung besser werden kann. Es kann dann sehr hilfreich sein, sich professionelle Hilfe zu suchen, z.B. bei einem Psychologen oder Beziehungstherapeuten.

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