Warum Monogamie in deiner Beziehung nicht die Norm sein muss

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Und sie lebten noch lange und glücklich: Mit diesen Worten enden viele Märchen. Ein Paar verliebt sich, heiratet und bleibt den Rest seines Lebens überglücklich zusammen. Auch heute noch werden wir mit der Vorstellung erzogen, dass eine monogame Beziehung das Normale und Erstrebenswerteste ist, sie ist aber für viele schon lange nicht mehr die Norm. Und das ist auch gar nicht nötig!

Monogamie: Wie war das nochmal?

Wenn man sich in einer monogamen Beziehung befindet, hat man einen Partner, dem man treu ist. Es ist das klassische Idealbild: Jemand, bei dem man komplett man selbst sein kann und der einem Sicherheit und Geborgenheit bietet. Man gelobt ihm Treue, was sogar Teil des Hochzeitsgelöbnisses ist. Dass man mit der Zeit die Spannung und das Abenteuer vermissen wird, nimmt man dafür in Kauf. Denn eine monogame Beziehung ist doch für jeden das ultimative Ziel.

Wir gehen massenhaft fremd

Wir alle wünschen uns eine monogame Beziehung, oder? Nein, offensichtlich nicht wirklich: Die Menschen gehen schließlich massenhaft fremd. Genaue Zahlen gibt es dazu nicht, die umfangreichsten Untersuchungen kommen aber auf 40 bis 60 Prozent, die bereits einmal einen Seitensprung gemacht haben oder eine Affäre haben. Die relativ große Abweichung von 20% ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass Männer in dieser Hinsicht gerne übertreiben und Frauen eher zurückhaltend sind. Mit der heutigen Technik wie zum Beispiel Dating-Apps wie Tinder, Websites wie SecondLove oder auch einfachen Textnachrichten, wird einem das Fremdgehen auch um einiges erleichtert.

Angeblich ist es evolutionär verankert, dass Männer ihren Samen so weit wie möglich verbreiten wollen. Die Frauen gehen aber keineswegs weniger fremd. Untreue lässt sich übrigens nur schwer definieren: Der eine geht seiner Meinung nach erst fremd, wenn er oder sie tatsächlich Sex mit einem anderen hat, während ein anderer bereits von Untreue spricht, wenn man mit einer anderen Person eine emotionale Verbindung aufbaut.

Ist Monogamie noch etwas von heute?

Früher heiratete man jung, ging danach zum ersten Mal zusammen ins Bett und blieb bis zum Tod zusammen. Und auch heute gibt es immer noch Kulturen, bei denen sich dies nicht geändert hat. Allerdings wächst auch die Offenheit für andere Beziehungsformen; Beziehungen, bei denen Monogamie nicht die Norm darstellt. Zum Beispiel polyamore Menschen, Ehepaare, die swingen oder Paare, die eine offene Beziehung haben. Wir haben eben immer mehr Forderungen an unsere Beziehungen. Wir wollen nicht nur einen Partner, der das Geld nach Hause bringt und für die Kinder sorgt, wir wollen auch Leidenschaft, Verständnis, Geborgenheit, Liebe und Abenteuer. “Ewige Leidenschaft mit dem gleichen Partner ist ein Mythos”, sagt der Psychotherapeut Wilfried van Craen im Psychologie Magazine. Seiner Meinung nach benötigen wir neue Beziehungsformen. Denn es wäre eine Illusion zu denken, dass jemand nach zehn Jahren noch immer die gleiche Person wäre oder dass man selbst unverändert wäre.

Monogamie muss nicht die Norm sein

Monogamie muss in deiner Beziehung nicht unbedingt die Norm sein. Vielleicht hat der eine Partner ein stärkeres Bedürfnis nach Sex als der andere. Oder einer der Partner wünscht sich mehr Aufregung und Abenteuer. Kritiker werden jetzt sofort rufen: ‘Dann sollte man eben besser keine Beziehung eingehen.’ Es gibt aber auch Menschen, die für die Bedürfnisse ihres Partners offen sind und damit gut umgehen können. Die es dem anderen gönnen, seine Grenzen zu erkunden, während sie gleichzeitig füreinander die wichtigste Beziehung bleiben.

Offene Monogamie: Was ist das?

Offene Monogamie ist ein Begriff, der von der Sextherapeutin und Beziehungsexpertin Tammy Nelson geprägt wurde. Er bedeutet, dass man eine primäre Beziehung mit seinem Partner besitzt, daneben aber auch flexible oder flüchtige monogame Vereinbarungen existieren können. Man bespricht dabei, was zur eigenen Beziehung passt. Dass es zum Beispiel in Ordnung ist, über andere zu fantasieren (machen wir das nicht alle?) oder um mit Freunden zu flirten. Andere verschieben die Grenzen noch ein Stück weiter: Sie vereinbaren, dass beide Partner, oder auch nur einer der Partner, ab und zu jemand anderen küssen oder sogar mit ihm oder ihr ins Bett gehen darf. Jeder muss hierbei selbst ergründen, was in seiner Beziehung möglich ist und funktioniert.

Offene Beziehung und Polyamorie

Ganz am anderen Ende des Monogamie-Spektrums findet sich die offene Beziehung oder Polyamorie. Grob zusammengefasst wird meistens gesagt, dass es in einer offenen Beziehung mehr Dates gibt und die Menschen häufiger casual Sex mit anderen haben, während es in polyamoren Beziehung auch zu echten Gefühlen zu anderen Personen kommen kann. Aber auch in offenen Beziehungen gibt es Menschen, die eine feste Beziehung zu einem zweiten Partner unterhalten. Manchmal haben Menschen in einer polyamoren Beziehung auch eine Beziehung zu dritt; je nachdem, wie man selbst das Ganze sieht und benennen möchte. Übrigens sollte man Polyamorie nicht mit Polygamie verwechseln. Hierbei heiratet man mehr als nur eine Person, was in den meisten europäischen Staaten verboten ist.

Wie offene Monogamie die Beziehung stärken kann

Eine offene Beziehung

Joanna (31) hat eine offene Beziehung. “Nach etwas mehr als zehn Jahren Ehe wollte ich einfach mehr entdecken. Mein Mann teilte meine Ansicht und gab mir den Freiraum, den ich zu diesem Zeitpunkt brauchte. Wir haben uns viel unterhalten, was letztlich dazu führte, dass wir uns zu einer offenen Beziehung entschlossen. In dieser Beziehung haben wir beide die Möglichkeit, neue Dinge zu entdecken, ohne dies heimlich tun zu müssen. Schließlich haben wir dies gemeinsam beschlossen. Eine offene Beziehung ist sicherlich nicht die einfachste Beziehungsform. Sie erfordert viel Kommunikation, aber das ist auch gerade das, was wir beide so schätzen. Diese Kommunikation bringt uns einander wieder viel näher. Wir werden immer füreinander die primären Partner sein, nur eben mit etwas Zusätzlichem nebenher, was für uns wunderbar funktioniert.”

Ab und zu ein Abenteuer

Leonie (38) und ihr Mann haben andere Vereinbarungen: “Ich bin mit meinem Mann seit über 12 Jahren verheiratet. Unsere Beziehung ist sehr gut und wir sind zusammen glücklich. Der einzige Unterschied zwischen uns ist, dass ich es ab und zu mag, nach etwas Aufregung zu suchen. Darum haben wir vor Kurzem vereinbart, dass ich ab und zu ein Abenteuer haben darf. Teil der Ansprache ist aber, dass ich ganz offen ehrlich darüber bin, dass es zu keiner Beziehung kommt und dass ich mich nicht aktiv auf die Suche nach jemand anderem begebe, zum Beispiel über eine Dating-App. Ein bisschen knutschen auf einer Party ist also in Ordnung, Sex mit meinem Ex ebenfalls aber das war es auch dann. Bisher funktioniert das hervorragend, auch wenn ich es das erste Mal ziemlich gewöhnungsbedürftig fand, meinem Mann mitzuteilen, dass ich am Nachmittag mit meinem Ex im Bett gewesen bin. Wie würde er darauf reagieren und wie würde sich das auf unsere Beziehung auswirken? Inzwischen ist dies schon einige Male geschehen und hat unserer Beziehung keinen Abbruch getan. Außer der Tatsache, dass ich es einfach sehr aufregend finde, die Hände eines anderen auf meinem Körper zu fühlen, ist es zudem auch ein aufregendes Geheimnis, das ich mit meinem Mann teile.”

Wie kann man darüber sprechen?

Würdest du auch gerne deine Grenzen ausloten? Dann musst du das natürlich deinem Partner in irgendeiner Weise mitteilen. Das Schöne an offener Monogamie ist, dass man es mit der Zustimmung des eigenen Partner macht. Wie schafft man das aber? Die folgenden Tipps werden dir dabei helfen, ein entsprechendes Gespräch zu führen:

  • Sprich das Thema in einem ruhigen Moment an, bei dem ihr nicht gestresst seid und nicht von anderen gestört werden könnt.
  • Rechne damit, dass dein Partner nicht direkt die Antwort geben wird, die du dir erhoffst. Wahrscheinlich wird er oder sie sich zuerst einmal von dem Schreck erholen müssen. Gönne deinem Partner diese Zeit.
  • Besprecht die Vorteile und Nachteile.
  • Trefft gute Vereinbarungen, auch um Dinge evaluieren zu können, wenn einer von euch das Bedürfnis danach hat.
  • Dein Partner sollte sich immer sicher sein können, dass er oder sie immer deine primäre und wichtigste Beziehung sein wird.

Kommunikation steht an erster Stelle

Wenn man offene Monogamie entdecken möchte, wird man schnell zu der Einsicht gelangen, dass sich dabei alles um die Kommunikation dreht. Beim Fremdgehen fehlt diese vollkommen: Man möchte natürlich nicht, dass der Partner erfährt, dass man es ab und zu mit dem Nachbarn treibt. In einer nicht-monogamen Beziehung ist es wichtig, ganz offen zu sein. Trefft miteinander klare Vereinbarungen, seid aber auch ehrlich, wenn ihr zum Beispiel eifersüchtig seid oder euch ausgeschlossen fühlt. Vielleicht werdet ihr auch im Laufe der Zeit entdecken, dass diese Beziehungsform für euch nicht (mehr) funktioniert; auch dann solltet ihr darüber sprechen. Auf diese Weise könnt ihr erneut zusammen entscheiden, wie es anders funktionieren kann. Letztlich geht es immer genau darum: Eine Beziehungsform finden, mit der ihr beide zufrieden seid und mit der ihr eine glückliche Beziehung führen könnt.

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