Shere Hite: Sexforscherin des 20. Jahrhunderts
09-10-2020: Vor einem Monat ist Shere Hite gestorben. Shere wurde für ihre bahnbrechende Sexforschung bekannt. Ihre Gegner (meistens Männer und christliche Frauen) stempelten sie als Anti-Mann ab. Wer aber war diese Frau und was hat sie für die weibliche sexuelle Emanzipation getan?
Shere Hite: Feministin und Sexforscherin
Shere Hite kam am 2. November 1942 als Shirley Diana Gregory in Missouri (USA) zur Welt. Sie studierte in Florida Geschichte und arbeitete anschließend an ihrem Ph. D. an der Columbia University in New York. Als sie erfährt, dass sie ihre Dissertation nicht zum Thema weibliche Sexualität verfassen darf, bricht sie ihr Studium ab. Während des Studiums posierte sie oben ohne für den Playboy und für eine Schreibmaschinenmarke. Als sie später den zugehörigen Anzeigentext las (The typewriter so smart she doesn’t have to be. – zu Deutsch: Die Schreibmaschine, die so klug ist, dass sie es nicht sein muss), schloss sie sich den Frauen an, die gegen die Werbeanzeige protestierten.
Gründerin der Sexuellen Revolution
Hite fiel der New Yorker Abteilung der National Organization for Women auf, nach ihrer Protestteilnahme gegen die Schreibmaschinenwerbung. Während einer Besprechung über den weiblichen Orgasmus und der Frage, ob jeder einen Orgasmus bekommen kann, stellte jemand vor, dass Shere Hite diese Frage genauer untersuchen sollte. Das führte zum The Hite Report.
The Hite Report: A Nationwide Study of Female Sexuality
Ihre bahnbrechendste Arbeit, The Hite Report: A Nationwide Study of Female Sexuality, erschien im Jahr 1976. Sie verkaufte sich 48 Millionen Mal. Für die Untersuchung wurden 3500 Frauen zu ihrem Sexleben befragt. Die wichtigste Schlussfolgerung der Untersuchung war, dass die meisten Frauen (70%) nicht nur durch reine Penetration zum Höhepunkt gelangen. Zudem gaben die befragten Frauen an, leichter durch Masturbieren als durch Penetration zum Orgasmus zu kommen. Da sich der Rapport vor allem auf Sex aus der Perspektive der Frau konzentrierte, wurde er und Hite von vielen Männern als ‘Anti-Mann’ gesehen. Der Playboy nannte den Report sogar The Hate Report.
Hite: “Researchers should stop telling women what they should feel sexually and start asking them what they do feel sexually“, zu Deutsch: Forscher sollten Frauen nicht vorschreiben, was sie auf sexuellem Gebiet zu fühlen haben, sondern fragen, was sie tatsächlich fühlen.
Tipp: Man kann The Hite Report z.B. bei Amazon kaufen
Shere Hite gilt als die Gründerin der Sexuellen Revolution der Frau. Sie stellte den Genuss der Frau an erste Stelle, was etwas völlig Neues war. Zudem stellt sie sich mit ihrer Untersuchung gegen andere frühere Untersuchungen männlicher Forscher wie Kinsey und Masters und Johnson.
Kritik an Hite
Natürlich werden die Bücher und Rapporte von Hite auch kritisiert. Konservative Christen sehen ihre Ideen zu sexuellem Genuss von Frauen als Gefahr für die Familie. Aufgrund der großen Kritik an Hite, sprachen sich 12 prominente Feministinnen wie z.B. Gloria Steinen und Barbara Ehrenreich für Hite aus und kritisierten ihrerseits den Angriff der Medien auf Hite als ‘konservativen Gegenschlag auf die Rechte der Frauen, überall’. Auch Wissenschaftler kritisieren Hite. Sie werfen ihr vor, dass ihre Stichproben nicht repräsentativ wären. Für die Untersuchung Women and Love wurden 100.000 Umfragebögen verschickt aber nur 4.500 kamen wieder zurück. Die wichtigste Schlussfolgerung dieser Untersuchung lautete, dass sich 95% der Frauen, die geantwortet hatten, von ihren Männern emotional und körperlich missbraucht fühlten. Nach Meinung von The Washingten Post kam dies vor allem dadurch, dass ‘wahrscheinlich nur unglückliche Frauen sich die Zeit genommen hatten, die 127 Fragen der Untersuchung zu beantworten’.
Umzug nach Europa
Im Jahr 1995 gab Hite ihre amerikanische Staatsbürgerschaft auf, nachdem sie und ihre Arbeit konstant bedroht wurde. Hierzu schrieb sie später: “Ich habe meine Staatsbürgerschaft 1995 aufgegeben. Nach einem Jahrzehnt, in dem ich ununterbrochen angegriffen wurde, als Person und für meine Arbeit, vor allem für meine Rapporte über weibliche Sexualität, fühlte ich mich bei meinen Forschungen in meinem Geburtsland nicht mehr frei.” Sie wurde Deutsche und wohnte zusammen mit ihrem deutschen Ehemann, dem Pianisten Friedrich Horicke, in Köln. Nach ihrer Scheidung wohnte sie bei ihrem neuen Ehemann in London. Dort verstarb sie im Alter von 77 Jahren am 9. September 2020. Lies auch: Ode an Beate Uhse
Lesen: Die Arbeit von Shire Hite
All ihre Untersuchungen gibt es in Buchform zu lesen. Hier folgt eine Liste ihrer Werke:
- Sexual Honesty, by Women, For Women (1974)
- The Hite Report on Female Sexuality (1976, 1981, Neuauflage 2004)
- The Hite Report on Men and Male Sexuality (1981)
- Women and Love: A Cultural Revolution in Progress (The Hite Report on Love, Passion, and Emotional Violence) (1987)
- Flying with Jupiter (1993)
- The Hite Report on the Family: Growing Up Under Patriarchy (1994)
- The Hite Report on Shere Hite: Voice of a Daughter in Exile (2000) (Autobiographie)
- The Shere Hite Reader: New and Selected Writings on Sex, Globalization and Private Life (2006)
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