Bicurious? Die Neugier auf das gleiche Geschlecht

bicurious Gay-Paar

Stell dir vor, du bist eine Frau, hast eine Beziehung mit einem Mann und bist so lange du dich erinnern kannst immer nur in Männer verliebt gewesen. Oder anders gesagt: du bist echt durch und durch hetero. Aber trotzdem gefällt dir auch irgendwie diese eine Kollegin; mehr als nur irgendeine Freundin und du würdest diese Gefühle gerne näher untersuchen. Das wird als bicurious bezeichnet. Was genau ist das und wie geht man damit um? Das wollen wir in diesem Artikel herausfinden.

Bicurious: Was ist das?

Die Definition des Begriffs ‘bicurious’ wurde das erste Mal in den 90er Jahren in verschiedenen Wörterbüchern eingeführt und wie folgt beschrieben: Neugier auf das Entdecken und Experimentieren mit Bisexualität. Wenn man bicurious ist, ist man jemand, der eine hetero- oder homosexuelle Identität oder Beziehung besitzt und neugierig auf eine sexuelle Beziehung mit jemandem des gleichen bzw. anderen Geschlechts ist. Ein Beispiel wäre ein Mann, der eine Beziehung mit einem anderen Mann hat, der aber trotzdem auch neugierig auf eine Beziehung und Sex mit einer Frau ist. Andere Bezeichnungen für bicurious lauten heteroflexibel und homoflexibel.

Der Unterschied zwischen Bisexualität und bicurious

Bei der Bisexualität kann man sich als Mann oder Frau in beide Geschlechter verlieben. Es spielt also keine Rolle, ob die betreffende Person ein Mann oder eine Frau ist. Wenn man bicurious ist, ist man vor allem neugierig wie es wohl wäre, wenn man mit jemandem des gleichen Geschlechts (wenn man hetero ist) zusammen ist bzw. mit jemandem das anderen Geschlechts (wenn man homosexuell/lesbisch ist). Im Allgemeinen bezeichnen sich vor allem Mädchen als bicurious. Sie sind auf der Suche nach ihrer sexuellen Identität und finden es einen noch zu großen Schritt, sich als bisexuell zu bezeichnen.

Nicht jeder mag den Begriff bicurious. So sagt z.B. Gabrielle Alexa, Schriftstellerin und Gründerin des Bi Girls Club: “Für mich fühlt es sich so an, als könnte man den Begriff bicurious erst dann verwenden, wenn man bereits Erfahrungen auf sexuellem oder romantischem Gebiet gesammelt hat und dem kann ich nicht zustimmen.” Es hört sich so an, als wäre es ein Teil von Bi-erasure, bei dem Bisexualität ausgelöscht und ignoriert wird. Alexa: “Bisexuelle müssen sich ständig beweisen. Als Bi-Frau, die einen Mann hat, musst du beweisen, dass du nicht hetero bist. Warum identifizieren sich bicurious-Personen nicht einfach als bisexuell?”

Wie findet man heraus, ob man bicurious ist?

Von den weichen Lippen seiner besten Freundin zu träumen oder dass es einem vom verführerischen Blick einer Ruby Rose ganz warm wird, ist keineswegs überraschend. Früher war es ganz normal, zu 100% hetero oder homosexuell zu sein, diese Grenzen verwischen aber zusehends. Dies kommt auch dadurch, dass die Menschen sich immer häufiger trauen, diesem Wunsch nachzugeben. Der Kuss, den man von einer anderen Frau in einem Club bekommen hat, kann auf einmal nach mehr schmecken. Kennst du solche Gefühle? Dann könnte es sein, dass du bicurious bist. Das ist auch nicht etwas, um das man sich sofort kümmern müsste und man muss sich deshalb sicher nicht gleich als bicurious bezeichnen, wenn man aber gerne mehr darüber erfahren möchte, sollte man hier weiterlesen.

Wie geht man damit um bicurious zu sein?

Glaubst du, dass du bicurious bist und möchtest wissen, wie man am besten damit umgeht? Dann helfen dir vielleicht unsere Tipps:

1. Sprich mit deinem Partner darüber

Wenn du dich in einer Beziehung befindest, ist es empfehlenswert, über seine Gefühle zu sprechen. Indem du dies tust, wirst du vor allem feststellen, dass du diese Gefühle auch haben darfst. Am besten wäre es natürlich, wenn auch dein Partner offen für diese Gefühle ist und dir die Chance gibt, diese zu entdecken. Und das kann auch für ihn positiv sein, wie du bei Tipp 4 erfährst.

2. Sieh dir Pornos an

Dieser Tipp kommt vielleicht etwas überraschend, aber nach Meinung von Dr. Justin Lehmiller, Forscher am Kinsey Institute, sehen sich viele Menschen Pornos an, weil es eine sichere Möglichkeit ist, zu entdecken, was sie erregt. Sie stellen eine gute Lösung dar, wenn man nicht gleich mit jemandem ins Bett steigen will, um seine Gefühle zu ergründen.

3. Sprich auch mit anderen darüber

Wenn du deine bicurious Gefühle nicht mit deinem Bekanntenkreis besprechen möchtest, kannst du dies auch auf Dating-Apps oder in Chatrooms tun. Hier kannst du herausfinden, ob dich tatsächlich ein Gespräch mit einer anderen Frau erregt und ob du die heißen Fotos genießen kannst, die sie dir schickt. Es ist eine angenehme Möglichkeit, anonym zu entdecke, wie man sich wirklich hierbei fühlt.

4. Probiere ein Trio mit einer anderen Frau aus

Stell dir vor, du möchtest sehr gerne herausfinden, ob du wirklich Gefühle für Frauen besitzt, momentan befindest du dich aber in einer Beziehung mit einem Mann. Dann frage ihn, ob er es gut finden würde, wenn einmal eine zweite Frau bei eurem Sexleben mitmachen darf. Ich könnte wetten, dass er ja sagt. Wenn du klug bist, wählst du hierfür eine unbekannte Dame aus. Mit Hilfe eines solchen Trio bekommst du die Gelegenheit, einmal ganz echt zu erleben wie es ist, eine Frau zu küssen und wie weich ihre Brüste sind. Auch Männer, die bicurious sind, sind oft sehr neugierig, wie ein Trio mit einem zweiten Mann wäre, wie eine Untersuchung von Lehmiller ergab. Auf diesem Wege können auch sie ihre Gefühle für andere Männer untersuchen, und ihre Partnerin hat ebenfalls Spaß dabei. Zudem sorgt ihre Anwesenheit dafür, dass das Ganze entspannter verlaufen wird.

5. Arbeite an deinem Schamgefühl – falls du es empfindest

Zuerst sollte man einmal ganz klar sagen, dass man sich sowieso nie zu schämen braucht, egal, welche sexuelle Identität man auch besitzt. Trotzdem ist es nichts Ungewöhnliches, dass sich die Menschen schämen, wenn sie bicurious sind. Hierzu gibt es ein gutes Buch, das Jor-El Caraballo empfiehlt, ein Psychologe, der hauptsächlich mit LGBTO+ Klienten arbeitet. Das Buch trägt den Titel ‘Verletzlichkeit macht stark’ von Brené Brown. Ihr TEDTalk zu diesem Thema wurde bereits über 47 Millionen Mal angesehen.

6. Vielleicht bekommst du nicht sofort eine klare Antwort

Du solltest dir bewusst sein, dass du bei deiner Suche nach deiner sexuellen Identität möglicherweise nicht direkt eine klare Antwort findest. Vielleicht wirst du immer noch nicht wissen, ob du bicurious bist, nachdem du zum ersten Mal eine Frau geküsst hast. Das kann Jahre dauern und vielleicht wirst du nie eine eindeutige Antwort bekommen.

7. Teile deiner Umgebung mit, dass du bicurious bist

Nachdem du nun selbst weißt, wie du dich fühlst und dein Schamgefühl bezwungen hast, wird es Zeit, auch die wichtigsten Menschen in deinem Leben in deine Gefühle einzuweihen. Dazu gehört natürlich dein Partner – falls er oder sie es nicht schon weiß – deine Eltern und auch gute Freunde. Das Ganze muss nicht gleich zum großen Outing werden, trotzdem ist auch eine entsprechende kurze Bemerkung, irgendwann beim Wochenend-BBQ nicht gerade der ideale Weg. Nimm dir Zeit und überlege dir gut, was du den anderen gerne mitteilen möchtest. Einige Menschen werden bestimmt Fragen haben. Versuche diese zu beantworten, wenn du die Antworten kennst.

8. Sprich mit einem Therapeuten

Hast du das Gefühl, dass du mit deiner Identität wirklich kämpfst? Dann könnte es hilfreich sein, einmal mit einem Therapeuten zu sprechen. Vielleicht kann er oder sie dir dabei helfen, wie oder als was du dich am besten selbst sehen kannst. Oder ihr werdet zusammen entdecken, dass es überhaupt nicht wichtig ist, sich in irgendeine vordefinierte Nische drängen zu lassen. Dem Therapeuten kannst du jedenfalls deine Wünsche vorlegen und erhältst auf diese Weise hoffentlich mehr Klarheit.

9. Es einmal auszuprobieren, wird dich nicht verändern

Hast du Angst, dass sich deine Identität verändern könnte, wenn du – als Heterofrau – einmal das Bett mit einer anderen Frau teilst? In diesem Fall kann ich dich beruhigen: Darüber brauchst du dir echt keine Sorgen zu machen. Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass ich selbst eine wilde Studentenzeit erlebt habe, in der ich viele Frauen kennengelernt habe, die auch andere Frauen geküsst haben und mit ihnen ins Bett gingen. Die meisten von ihnen sind nun trotzdem mit Männern verheiratet. Damit will ich nur sagen: Wenn man einmal mit einer Frau ins Bett geht, wird man deswegen nicht sofort lesbisch sein, falls der Gedanke in dir aufkommen sollte. Und falls doch, bedeutet es nur, dass du deine wahre sexuelle Identität entdeckt hast, und das kann nur positiv sein.

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