Was kann man tun, wenn man eine unterschiedliche Libido hat?

unterschiedliche Libido

‘Er kann immer’, sagt sie. ‘Ich darf einmal pro Monat und das war’s dann’, sagt er. Klingt fast wie ein schlechter Film, mit einem vor Testosteron strotzenden Mann und einer frigiden Dame, aber eine unterschiedliche Libido ist nichts Ungewöhnliches und kann in festen Beziehungen zu jeder Menge Frust führen. Wie kann man damit umgehen? Wie findet man gemeinsam den Goldenen Mittelweg?

Kämpfst du mit einem Partner, der viel häufiger Sex will als du? Oder ganz im Gegenteil mit einem Partner, der wesentlich seltener Lust auf Matratzensport hat? Keine Panik. Das Übel einer stark abweichenden Libido ist weit verbreitet. Wir denken oft, dass jeder in unserer Umgebung ein fantastisches Sexleben besitzt und die Partner immer genau zur gleichen Zeit Lust aufeinander hätten. Die Wirklichkeit sieht aber oft ganz anders aus. In den meisten Beziehungen verspüren die beiden Partner ein recht unterschiedliches Bedürfnis nach Sex.

Frauen stellen sowieso oft fest, dass ihre Libido im Laufe des Monats schwankt. Wenn sie ihre fruchtbaren Tage haben, sind die häufiger spontan erregt und ergreifen entsprechend öfter selbst die Initiative zum Sex. Es scheint ein ganz natürlicher Instinkt zu sein, dass ihre Libido in der Zeit rund um den Eisprung ansteigt. Und die Männer? Die können an sich jeden Tag und staunen dann nicht schlecht, wenn sich ihre meist eher abwehrende Frau an einigen Tagen im Monat in einen wahrhaften Maneater zu verwandeln scheint. Allzu lange staunen sie aber meistens nicht, schließlich muss man nehmen, was man kriegen kann.

Libidotypen

Du bist also kein Exot, nur weil dein Sexdrive nicht dem deines Partners entspricht. Die Sexologin Sandra Pertot hat darum den Begriff der ‘Libidotypen’ kreiert. Pertot arbeitet bereits seit über 30 Jahren mit Paaren, die mit ihrer unterschiedlichen Libido kämpfen und entdeckte dabei, dass die Menschen auf die hierdurch auftretenden Probleme vollkommen unterschiedlich reagieren.

Sie beschreibt in ihrem Buch zum Beispiel zwei Männer, deren Partner beide nur wenig Lust auf Sex hatten. Der eine Mann akzeptierte den Umstand, fragte nicht mehr nach Sex und tat so, als ob das Problem nicht existieren würde, um seiner Frau das Leben nicht unnötig schwer zu machen. Der andere Mann wurde dagegen wütend und versuchte seiner unwilligen Frau permanent Schuldgefühle einzureden.

Überdosis Testosteron

Pertot unterscheidet insgesamt zwischen zehn solcher Libidotypen. Jeder Typ reagiert anders auf Probleme innerhalb und außerhalb des Schlafzimmers, was sie mit der Menge an Testosteron erklärt, die der jeweilige Typ produziert. Frauen, die mehr Testosteron produzieren, sollen demnach mehr Lust auf Sex haben und sich weniger stark an ihre Beziehung gebunden fühlen. Männer mit einer Überdosis Testosteron gehen häufiger fremd, reagieren heftiger auf eine schwächere Libido in der Beziehung und werfen in der Ehe schneller das Handtuch, wenn sie keinen Sex bekommen.

“Frauen, die mehr Testosteron produzieren, sollen demnach mehr Lust auf Sex haben und sich weniger stark an ihre Beziehung gebunden fühlen. Männer mit einer Überdosis Testosteron gehen häufiger fremd, reagieren heftiger auf eine schwächere Libido in der Beziehung und werfen in der Ehe schneller das Handtuch, wenn sie keinen Sex bekommen.”

Dass es ziemlich krachen kann, wenn zwei Menschen mit stark abweichender Libido aufeinandertreffen, scheint also recht deutlich. Die gute Nachricht ist aber, dass die eigene Libido – laut Pertot – nicht in Stein gemeißelt ist. Der persönliche Sexdrive kann sich ändern, im positiven als auch negativen Sinne. Paare haben zum Beispiel in den ersten Monaten ihrer Beziehung, mit all den Schmetterlingen im Bauch, eine recht ähnliche Libido. Sie finden es beide aufregend, ihre sexuellen Grenzen zu erkunden und fallen dabei unter den erotischen Libidotyp. Je länger sich die Beziehung aber entwickelt, kann sich dies verändern. Die Frau wird meist etwas ruhiger. Sie muss nicht mehr unbedingt jeden Abend ausschweifenden Sex erleben. Der Mann kann dagegen weiterhin unter der Gürtellinie unruhig bleiben und versteht oft nicht, warum sie auf einmal nicht mehr so oft Lust hat. Wenn er wieder einmal eine Überdosis Testosteron im Blut hat, beginnt er zu meckern, jammern und pushen, woraufhin die Frau mit etwas Pech vom erotischen Libidotyp direkt zum gestressten Libidotyp wechselt.

Teufelskreis

Eine inkompatible Libido kann zu jeder Menge Beziehungsproblemen führen. Menschen mit starker Libido fühlen sich oft schuldig oder schämen sich sogar für ihren Sexdrive. Und je öfter sie ein ‘Nein’ zu hören bekommen, wenn sie ihre Verführungskünste anwenden, desto frustrierter werden sie. Aber auch Menschen mit schwacher Libido fühlen sich schuldig und fragen sich oft, was mit ihnen und ihren Gefühlen für den Partner nicht stimmt. Andererseits sind sie ebenfalls oft frustriert, weil sie dem Eindruck bekommen, alles würde sich immer nur um Sex drehen und andere Elemente der Beziehung würden kaum berücksichtigt werden. Manchmal fühlen sie sich zum Sex gezwungen, weil sie eigentlich gar keine Lust dazu haben. Und wenn der Sex dann nicht besonders angenehm ist, landet das Paar recht schnell in einem Teufelskreis aus andringen, abweisen, erneut andringen, nachgeben und anschließenden Vorwürfen.

Unterschiedliche Libido? Das kann man tun!

Zum Glück sind Libidoprobleme aber lösbar. Am wichtigsten ist, dass man sich bewusst wird, dass das Problem nicht bei einem von euch beiden liegt. Es handelt sich eher um ein allgemeines Ungleichgewicht, das sich aber verbessern lässt. Der erste Schritt ist somit Empathie für den Partner, dessen Gefühle, Bedürfnisse und Grenzen zu entwickeln. Versetze dich in seine oder ihre Position. Erst wenn ihr einander wirklich versteht, könnt ihr gemeinsam an einer Verbesserung der Situation arbeiten.

Das kann mitunter nicht ganz einfach sein, gerade weil Sex nun einmal ein recht sensibles Thema ist. Und wenn man schon seit Monaten oder Jahren in einer bestimmten Routine von Zurückweisung, Unsicherheit und verletzten Gefühlen feststeckt, kann es schwierig sein, ganz offen und ohne Vorwürfe mit dem anderen darüber zu reden. Aber genau das sollte man versuchen.

Ein gutes Gespräch

Ein gutes Gespräch ist der erste Schritt zu einem befriedigenden Sexleben. Besprecht die Unterschiede bzgl. eurer Libido und eurer Gefühle und Wünsche rund um den Sex. Geht ganz offen in das Gespräch und sprecht vor allem über eure Empfindungen, ohne den anderen anzugreifen. Wenn man ständig mit dem Finger auf den anderen zeigt, wird das die Distanz zwischen euch nur vergrößern. Der andere wird sich in die Verteidigung zurückziehen, schließt sich emotional ab und das Gespräch wird immer schwieriger werden.

Versuche darum deinen Frust unter Kontrolle zu halten. Ihr redet nicht miteinander, um einen Sieg über den anderen zu erringen, sondern um einander zu verstehen und nach Kompromissen zu suchen. Versucht lieber dem anderen wirklich zuzuhören und euch in seine Gefühle und Erfahrungen hineinzuversetzen. Ihr solltet probieren, den anderen zu verstehen und seine Wahrnehmung der Situation nicht auszublenden. Deine Erfahrungen unterscheiden sich wahrscheinlich stark von denen deines Partners, was aber nicht bedeutet, dass sie mehr zählen würden. Es geht darum, dass ihr beide das Gefühl bekommt, dass ihr gehört werdet und eure Empfindungen mitteilen könnt.

verschillende libido's

Weitere Tipps!

Liebkosen ohne Sex

Entkoppelt Sex und andere Intimität. Es gibt täglich genügend Momente, bei denen ihr einander zeigen könnt, dass ihr euch attraktiv und toll findet, ohne dass daraus direkt Sex entstehen muss. Viele Frauen ärgern sich an Männern, die nur dann anhänglich werden, wenn sie etwas wollen. Darum sollte man einander häufiger in Momenten liebkosen, in denen Sex in keinster Weise eine Option ist. Hierdurch wird sich eure emotionale Verbindung verstärken, und dies kann auch dazu führen, dass der Sex zwischen euch auf ganz natürliche Weise wieder zu etwas wesentlich Attraktiverem wird; für euch beide.

Alternativer Sex

Geht es immer nur um die Penetration? Dann versucht es einmal mit etwas anderem als ‘echtem’ Sex. Verwöhne deinen Partner mit einer sinnlichen Massage, ohne dafür eine Gegenleistung zu verlangen. Schmiegt euch nackt aneinander und verliert euch in endlosem Streicheln, Küssen; versinkt in den Augen des anderen. Auf diese Weise kann sich die erotische Energie zwischen euch langsam aufbauen. Die Penetration muss nicht immer das Ziel sein. Es geht viel mehr darum, dass ihr euch wieder verbunden fühlt und dass ihr keinen Druck mehr verspürt. Ihr werdet feststellen, dass hierdurch das Bedürfnis nach Intimität immer mehr zunehmen wird. Und wer weiß, vielleicht ergreift ja schon beim nächsten Mal der Partner mit der schwächeren Libido die Initiative!

Quickie

Genauso wenig wie man versuchen sollte, seinen Sinn durchzusetzen, wenn man eine starke Libido hat, sollte man auch nicht immer komplett blocken, wenn man keine Lust auf Sex hat. Natürlich sollte sich niemand zum Sex gezwungen fühlen, spontaner Sex ist eben etwas, was nicht immer funktioniert. Führt ihr beide ein anstrengendes Leben, wodurch ihr oft überfordert seid? Und hat dann einer von euch beiden keine Lust auf Sex, weil das einfach zu viel ‘Mühe’ ist? Dann sollte man sich bewusst sein, dass nicht jeder Sex auf eine endlose Kamasutra-Session hinauslaufen muss. Es kann auch einfach ein Quickie sein. Natürlich ist hierbei nicht immer ein schwindelerregender Orgasmus garantiert, dafür pflegt man ein Stück weit die Intimität in seiner Beziehung. Und ihr werdet ganz von selbst auch wieder mehr Lust auf längeren und intensiveren Sex bekommen.

Durchbrecht eure Routine

Manchmal kann das Sexleben zur einer Art Alltagsroutine verkommen. Dann ist es an der Zeit, eingerostet Muster zu durchbrechen und sich wieder in einem ganz neuen sinnlichen Licht zu sehen. Reizt euch gegenseitig mit heißen Nachrichten, schaut euch gemeinsam einen frauenfreundlichen Porno an, masturbiert zusammen und sprecht über eure tiefsten Sehnsüchte und wildesten Fantasien.

Sucht euch Hilfe bei einem Sextherapeut

Gelingt es euch nicht, einander wieder näher zu kommen? Und stellst du fest, dass der Unterschied bei eurer Libido eure Beziehung unterläuft und in Gefahr bringt? Manche Situationen sind so festgefahren, dass man sich nicht alleine daraus befreien kann. In einem solchen Fall ist euer schlechtes Sexleben vielleicht nur ein Symptom eines viel grundlegenderen Problems.

Dann könnte es hilfreich sein, sich an einen Sextherapeut zu wenden. Dafür sollte man sich auch ganz sicher nicht schämen, denn ein Sextherapeut wird euch dabei helfen, euer Sexleben wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Zögere also nicht, damit ihr wieder in vollen Zügen einander, euren Körper und eure Liebe, genießen könnt!

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