Wie Social Media an unserer Selbstwahrnehmung nagen

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Eine Welt ohne Social Media? Das ist kaum noch vorstellbar. Aber wie fantastisch all dieses Teilen von Ideen, Informationen und Bildern auch sein mag, so gibt es auch eine Kehrseite. Denn die Social Media haben unsere Wahrnehmung der Welt verändert. Und verändern sie auch unsere Selbstwahrnehmung?

Facebook, Instagram, Snapchat und TikTok. Egal, welche App man startet, sofort wird man mit Bildern von perfekten Menschen bombardiert, die ein perfektes Leben führen. Und selbst wenn deine Social Media Buddies ein gar nicht so perfektes Leben führen, teilen sie dennoch in erster Linie ihre Erfolgsstories. Von der Hängematte auf Ibiza und der Marathonmedaille bis hin zum neuen Traumjob oder den Kindern, die tolle Noten in der Schule holen. Ganz zu schweigen von all den Make-up-Tutorials und Wunderdiäten, die überall auftauchen.

Das kann für die Selbstwahrnehmung unmöglich gut sein, könnte man da sagen. Und das stimmt auch. Darum werden die Social Media in den letzten Jahren auch zunehmend kritisiert. Unterschiedliche Studien haben einen Zusammenhang zwischen dem Social-Media-Konsum und mentalen Gesundheitsproblemen gefunden. Und eine Untersuchung der Florida State University kam zu dem Ergebnis, dass Frauen, die nur 20 Minuten auf Facebook verbrachten, mit ihrer äußeren Erscheinung unzufriedener waren als Frauen, die sich für 20 Minuten über Raubkatzen im Regenwald informierten.

Der größte Übeltäter

Einer der größten Übeltäter dabei ist, dass wir ständig dazu neigen, uns mit anderen zu vergleichen. Unser Wettbewerbsdrang macht uns das Leben unnötig schwer. Und die Social Media sind dafür die ideale Brutstätte. Natürlich ist es völlig normal und menschlich, sich mit anderen zu vergleichen, allerdings treiben uns die zahllosen perfekten Bilder zur Eifersucht und machen uns regelrecht verrückt. Wir bekommen durch sie den Eindruck, dass wir hoffnungslos abgeschlagen sind.

Einer der größten Übeltäter dabei ist, dass wir ständig dazu neigen, uns mit anderen zu vergleichen.

Die größte Kritik an uns selbst, betrifft fast immer die äußere Erscheinung. Uns werden permanent Bilder des gängigen Schönheitsideals vorgesetzt, dabei vergessen wir aber gerne, dass die meisten Menschen im Bikini eben etwas anders als ein Topmodel aussehen. Und lo and behold: Während man dann gerade einen dieser straffen und vollkommen zellolitisfreien Körper an sich vorbeiziehen sieht, erscheint ganz zufällig ein Reklame für Diätpillen oder irgendein Fitnessprogramm. Zufall? Wer’s glaubt, wird selig.

So straff wie ein Topmodel

Und auch wenn man versucht, all diese negativen Botschaften so rational wie möglich zu betrachten, so nisten sie sich dennoch in unseren verunsicherten Gehirnen ein. Hätte man nicht auch so einen straffen Body wie dieses Model haben können? Wenn man sich nur etwas mehr Mühe gegeben und nicht immer wieder ein Stück Schokolade gegessen hätte? Entsprechende Gedanken lassen sich kaum vermeiden, wenn man ständig mit solchen Bildern konfrontiert wird, und dies kann dem Selbstbild schweren Schaden zufügen. Dann wollen wir auch eine dünne Taille haben, größere Brüste, weißere Zähne, straffere Beine und einen Waschbrettbauch.

Diese Mediaplattformen sind eigentlich nichts anderes als giftige Spiegel. Jedes Mal, wenn wir sie besuchen, zeigen sie uns ein unrealistisches Ideal, an dem wir uns spiegeln wollen. Und diese angeblichen Ideale hämmern uns immer wieder das Gleiche ein: Dass wir nicht gut genug sind. Und wenn wir uns dann in einem echten Spiegel betrachten, ächzen wir unter unserer Unvollkommenheit. Wir schlagen uns vor den Kopf, weil wir es einfach nicht schaffen, dieses Idealbild zu erreichen. Es ist unsere eigene Schuld, das wird uns ständig eingeimpft.

#lovemylife

Wir ärgern uns also über uns selbst, ohne uns bewusst zu sein, dass die Social Media vom sogenannten ‘positivity bias’ überspült werden. Das bedeutet, dass die Menschen immer viel mehr positive Dinge online stellen, weil sie sich damit präsentieren wollen. Und dabei überlassen sie auch an ihrer äußeren Erscheinung nichts dem Zufall.

Augenringe werden mit Photoshop bearbeitet, Filter werden angewendet und jedes Fettröllchen wegretuschiert. Dann noch eine catchy Überschrift, wie toll der Tag gewesen ist, #lovemylife, und der Rest darf vor Eifersucht überschäumen.

Behind the Scenes

Verglichen mit diesen tollen und aufregenden Erlebnissen, ist dein Leben nur ein langweiliger und bleicher Abklatsch. Der Vergleich hinkt aber. Denn du vergleichst dein eigenes ‘Behind the Scenes’-Leben mit einem Film, der schon 30 Mal durch die Montage gegangen ist. Jedes einzelne Bild wurde sorgfältig ausgewählt, bearbeitet und zurechtgeschnitten; durchgestylt bis in die Ecken.

Ob das unrealistisch ist? Natürlich. Aber der enorme Tsunami dieser Halleluja-Bilder führt dennoch dazu, dass wir das Gefühl bekommen, ihnen gleichen zu müssen. Oder dass wir etwas unternehmen oder erleben sollten, um dazuzugehören. Und wenn man dann noch etwas unsicher oder perfektionistisch veranlagt ist, wird man sehr schnell zur Beute dieser unrealistisch hohen eingeredeten Ideale.

Likes sammeln

Das führt letztlich dazu, dass wir uns nur allzu gerne auch noch selbst an dem ganzen Unfug beteiligen. Wir sammeln Likes, posten persönliche Eingeständnisse, um bestimmte Reaktionen auszulösen, und wenn dann unser Handy piept, macht unser Herz einen Sprung. Wir befinden uns auf einer endlosen Suche nach Anerkennung, die von unserem Drang, uns mit anderen zu vergleichen, genährt wird.

Es ist eben nach wie vor der klassische Kampf, der Beste sein zu wollen. Jeder möchte gerne ab und zu ein Kompliment bekommen, die Social Media haben dies aber zum Leistungssport erhoben. Zu einer Sucht, die uns ständig zum nächsten Shot treibt. Je mehr Likes wir haben, desto besser wir uns fühlen. Wir lassen unsere Wertvorstellungen von anderen festlegen, anstelle sie wirklich in uns zu fühlen.

Jeder möchte gerne ab und zu ein Kompliment bekommen, die Social Media haben dies aber zum Leistungssport erhoben. Zu einer Sucht, die uns ständig zum nächsten Shot treibt.

Für ein Selfie unters Messer

Es geht aber noch schlimmer. Seit dem Aufkommen der Social Media, Smartphones und Selfie-Filter, stellen plastische Chirurgen eine auffällige Zunahme von Menschen fest, die ihren mit Photoshop bearbeiteten Bildern ähnlicher sein wollen.

Wirklich überraschend ist das eigentlich nicht. Schließlich wächst zur Zeit eine ganze Generation auf, die daran gewöhnt ist, jeden sogenannten Schönheitsfehler einfach mit einem Filter auszumerzen. Sie machen ihre digitalen Lippen voller, glätten ihre Pickel und modellieren markante Wangenknochen in ihr molliges Gesicht. Und dann flippen sie aus, weil das Gesicht, das sie im Spiegel sehen, nicht mehr dem ähnelt, das sie als Selfie verschicken.

Wie entwickelt man eine gesunde Beziehung zu den Social Media?

Egal, wie quälend die Social Media auch sein können, die meisten von uns können sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. Das bedeutet aber nicht, dass man keine gesunde Beziehung zu den Online-Netzwerken entwickeln könnte:

  • Sei dir bewusst, dass alles, was man in den Social Media zu sehen bekommt, stark bearbeitete und entsprechend unrealistische Inhalte sein können. Fotos werden bearbeitet, Ereignisse in Szene gesetzt und die ganzen hyperpositven Hashtags sollte man ebenfalls mit Vorsicht genießen. Sei dir all dessen also bewusst, vor allem dann, wenn du dich nicht so ganz wohl fühlst und dich mit anderen vergleichst.
  • Frage dich auch, warum du dich eigentlich mit anderen vergleichst. Woher stammen diese negativen Gedanken und wie wirklich sind sie überhaupt? Du wirst bestimmt nicht glücklicher werden, indem du dich selbst in ein Idealbild nach dem anderen versuchst zu zwängen. Versuche lieber mit dem zufrieden zu sein, was du hast und wer du bist.
  • Verbringe weniger Zeit mit den Social Media. Meistens machen sie uns weder glücklicher noch klüger, darum ist es besser, sich mehr mit der echten Welt zu beschäftigen. Gehe tanzen, lies ein Buch, gehe im Wald spazieren und trinke mit deinen Freunden ein Glas Wein; im Restaurant, der Kneipe oder im Club, nicht via Zoom oder mit dem Handy in der Hand auf dem Sofa. Wenn du weniger Zeit in der digitalen Welt verbringst, werden dich all die manipulierten Bilder und Erfolgsstories auch weniger beeinflussen.
  • Umgib dich mit Menschen, die dich glücklich machen, sowohl offline als auch online. Folgst du jemandem auf Instagram und stellst fest, dass dich all die Jubelbilder verunsichern? Dann folge der Person nicht mehr. Konzentriere dich lieber auf bedeutsame Beziehungen zu Menschen in der echten Welt. Das ist nicht einfach, wenn man mit seinem Handy wie verwachsen zu sein scheint, du wirst aber schnell merken, wie viel Energie dir Real Life Freunde schenken werden, die man tatsächlich berühren kann und die auch echt antworten.
  • Achte auf dich. Iss gesund, gehe nicht zu spät ins Bett und verschaffe dir Bewegung. Dann wirst du dich sehr schnell besser fühlen und wirst keine Filter, kein Botox oder irgendwelche Abnehmprogramme benötigen.
  • Denke nicht so viel über dich selbst nach. Die Art und Weise, wie du über dich selbst denkst, beeinflusst sehr stark, wie du im Leben stehst. Bist du einer Freundin oder einem völlig Fremden gegenüber auch so kritisch? Vermutlich nicht! Niemand ist perfekt, auch du nicht. Und das ist vollkommen normal und in Ordnung.

Fazit: Wenn man sich zu sehr auf das Leben anderer konzentriert, kommt dies dem eigenen Leben nicht zugute. Du hast nur dieses eine, darum solltest du dich um dich selbst kümmern. Wer möchtest du sein? Was möchtest du erreichen? Und wie möchtest du im Leben stehen? Darum geht es.

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