Kurz riechen: Wie wirkt der Geruch auf die Libido?
Der Geruch spielt bei sexueller Anziehungskraft meist eine eher unbedeutende Rolle. Das wird zumindest oft gedacht. Aphrodite, die Göttin der Liebe, streute aber aus guten Grund duftende Rosenblätter in ihr Liebesnest. Unsere Nase beeinflusst uns wesentlich stärker als wir vermuten. Sogar dann, wenn wir eigentlich nichts riechen aber trotzdem wahrnehmen wie z.B. Pheromone.
Dass der Geruchssinn unsere Emotionen beeinflusst, ist schon länger bekannt. Das hast du sicher auch selbst schon erlebt. Der Geruch eines Parfüms, eines bestimmten Gerichtes oder eines Zimmers kann einen ganz unvermittelt in vergangene Zeiten zurückversetzen. Wenn unser Geruchssinn entsprechende Erinnerungen auslöst, wird dies als Proust-Effekt bezeichnet, benannt nach dem Schriftsteller des Romans A la recherche du temps perdu. In diesem Buch isst der Protagonist ein Stück Eierkuchen, das ihn in seine Jugendzeit bei seiner Tante Leonie zurückversetzt.
Geruch, Emotionen und Sex
Gerüche können also tiefe, sehr emotionale Erinnerungen auslösen und somit unsere Gefühle beeinflussen. Im betreffenden Buch von Proust scheint es so, als würde der Geschmack des Gebäcks die Erinnerungen auslösen, Untersuchungen haben aber gezeigt, dass es bei Erinnerungen, die über die Sinne ausgelöst werden, vor allem um die Nase geht. Schuld daran ist die Anatomie unseres Gehirns.
Gerüche erreichen uns über die Nase, die zugehörigen Informationen werden anschließend zur Vorderseite unseres Gehirns geleitet, die daraufhin die Information zum Limbischen System weiterschickt. In der gleichen Hirnregion werden zufällig auch die Emotionen und das Gedächtnis gesteuert. Indem man etwas riecht, begibt man sich also zu einem Erlebnis in der Vergangenheit zurück. Die Erinnerung wird stimuliert.
Erregte Fruchtfliegen
Geruch kann aber noch mehr. Er beeinflusst nicht nur die Emotionen, sondern auch die Libido, wie eine Schweizer Untersuchung zeigte. Für die Studie wurde reifes und überreifes Obst mit männlichen Fruchtfliegen in Kontakt gebracht. Dabei stellten die Forscher fest, dass die Fliegen den Geruch über eine Route im Gehirn wahrnahmen, die auch sexuelles Verhalten auslöst. Das Ergebnis waren jede Menge sehr erregte Fruchtfliegen.
Dies scheint auch beim Menschen zu funktionieren; zumindest mehr oder weniger. Eine amerikanische Studie konnte zeigen, dass man seine Libido steigern kann, wenn man sich selbst unterschiedlichen Gerüchen aussetzt. Die Forscher testeten hierzu 30 Geruchskombinationen und konnten eine direkte Verbindung zwischen den Gerüchen und den sexuellen Reaktionen der Teilnehmer feststellen. Die Kombination Lavendel und Kürbiskuchen ließ das meiste Blut in den Penis strömen, während die Frauen die größte Erregung bei der – doch eher bizarren – Geruchskombination Gurke-Lakritz zeigten.
Sexuelle Probleme
Sie entdeckten zudem, dass Menschen mit einer schärferen Nase ihre sexuellen Aktivitäten mehr genossen. Und dass Frauen, die sensibler auf Gerüche reagierten, bei Sex häufiger zum Höhepunkt kamen. Die eigene Sensibilität gegenüber Gerüchen bestimmt somit, wie sehr man Sex genießt. Körpergerüche wie die von vaginaler Feuchtigkeit, Sperma und Schweiß bereichern also das sexuelle Erlebnis und können zu größerer Erregung führen.
Das Gegenteil war ebenfalls zu beobachten. Menschen, die ihren Geruchssinn verlieren, verlieren auch ein Stück weit ihre Sexualität. Lust auf Sex hängt nun einmal stark mit dem Geruch zusammen. Und wenn das Gehirn ohne den Geruchssinn nicht mehr entsprechend stark stimuliert wird, können sich sexuelle Probleme zeigen.
Mit Pheromonen locken
Wir wählen unseren Partner auch unbewusst nach Geruch aus. Wenn man sich Hals über Kopf in jemanden verliebt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass man sich auch vom Körpergeruch seines Lovers angezogen fühlt. Magst du diesen Geruch nicht, wird sich dein Interesse vermutlich recht schnell verflüchtigen, egal wie toll und aufregend die potenzielle Liebe auch zu sein scheint.
Wir reden hier übrigens nicht über irgendwelche Schweißwolken, die durch schlechte Hygiene verursacht werden, obwohl das der betreffenden Person sicherlich auch nicht gerade Pluspunkte einbringen dürfte. Daran kann man aber selbst etwas ändern. Wir meinen hier jedoch einen wesentlich fundamentaleren ‘Geruch’. Der das Liebesleben bestimmt, ohne dass man etwas davon mitbekommt. Wir reden hier über Pheromone.
Sexy Wundersubstanzen
Der Begriff ‘Pheromon’ stammt aus dem Griechischen und bedeutet ‘Träger der Erregung’. Und das nicht umsonst, denn Pheromone werden von Insekten, Säugetieren und Menschen produziert, um Artgenossen zum Sex zu verleiten. Was sind Pheromone? Kleine Moleküle, ohne Geruch oder Geschmack, die Botschaften überbringen, auf die der Empfänger unbewusst und instinktiv reagiert. Pheromone verändern somit nichts im eigenen Körper wie dies die Hormone tun, sie beeinflussen aber den Körper des anderen.
Wo nisten sich diese sexy Wundersubstanzen ein? An den warmen, behaarten Stellen des Körpers, also zum Beispiel in den Achselhöhlen, dem Schambereich oder der Kopfhaut. Von dort schießen sie ihre ‘Liebespfeile’ auf andere ab, mit denen du gerade flirtest, um zu entdecken, ob ihr beide ein Match Made in Heaven seid… oder auch nicht. Wenn man also jemandem begegnet, mit dem es sexuell unheimlich klicken könnte, wissen dies deine Pheromone lange bevor du es weißt. Daraufhin wechseln deine Pheromone und die des Zielobjektes untereinander Botschaften aus, und schon wälzt ihr euch zusammen nackt vorm Kaminfeuer.
Fruchtbare Frauen
Die Pheromone selbst sind übrigens völlig geruchslos, man registriert sie aber mit Hilfe eines winzigen Organs in der Nase: dem Jacobson-Organ oder Vomeronasalen Organ (VNO). Dieses Organ schickt die Informationen an den Teil unseres Gehirns weiter, der unseren sexuellen Drang steuert. Der Einfluss von Pheromonen ist aber umstritten. Es gibt Forscher, die die Wirkung bewiesen haben wie zum Beispiel die bekannte Untersuchung aus den 90er Jahren, die zeigen konnte, dass Frauen durch das Riechen an Hemden entscheiden konnten, ob der zugehörige Mann ein geeigneter Partner für sie wäre. Zudem wurde untersucht, dass Männer Frauen dann am attraktivste finden, wenn diese ihren Eisprung haben, denn dann scheiden Frauen mehr Kopuline aus. Das sind vaginale Pheromone, die sich wie eine unsichtbare Wolke um eine Frau legen.
Es gibt aber auch Wissenschaftler, die argumentieren, dass der menschliche Körper diese sexuellen Lockstoffe überhaupt nicht wahrnehmen kann. Sie argumentieren, dass das VNO bei Mäusen von etwa 300 Genen bestimmt wird, beim Menschen aber nur von 2. Außerdem bekämpfen wir moderne Menschen unseren Schweißgeruch, in dem sich die Pheromone befinden, mit täglichem Duschen und Deodorant, wodurch der Effekt verloren geht. Außerdem sind wir heute viel visueller eingestellt und weniger auf unseren Geruch fokussiert. Unsere primitiven Vorfahren haben alles noch beschnüffelt, wir beurteilen dagegen eher mit den Augen, ob uns etwas oder jemand gefällt.
Message in a bottle
Es gibt also keine eindeutigen Beweise dafür, dass Pheromone tatsächlich unseren Fortpflanzungstrieb beeinflussen würden. Das bedeutet aber nicht, dass wir Menschen uns nicht voller Verlangen nach heißen Lockdüften sehnen würden. Darum haben sich viele Hersteller das Phänomen der Pheromone zu Nutze gemacht. Verführerisches Lockparfüm, das die eigene Anziehungskraft vertausendfachen soll, wird aus synthetisch produzierten menschlichen Pheromonen hergestellt. Und man kann sie auch überall kaufen .
Klingt ziemlich verlockend, vor allem wenn man bedenkt, dass wir uns schon seit Menschengedenken Rattenpheromone auf die Haut sprühen. Musk, anyone? Kein Wunder, dass all die Parfüm- und Eau de Cologne-Reklamen nur so vor verführerischen Blicken und sinnlichen Anspielungen strotzen. Der Duft frischer Rosen und erdigem Musk besitzen die Kraft, uns zu erregen und das wissen auch die Reklamemacher.
Sollte also auf einmal eine Brise Körpergeruch deines nackten Lovers an deine Nase dringen, solltest du einem Moment innehalten und dir darüber klar werden, wir gesegnet wir doch mit unserem Geruchssinn sind. Stürze dich auf ihn und genieße den Sex mit allen Sinnen!
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