Polyamorie: Was ist das und wie lässt man es funktionieren?

You Me Her, Unicornland, Wanderlust: Immer mehr Fernsehserien entdecken das Phänomen Nonmonogamie und besonders die Polyamorie. Stelle dir einmal vor, du bist verheiratet und entwickelst auf einmal auch Gefühle für einen Kollegen oder eine Kollegin. Bei einer monogamen Beziehung wird dies schnell zu Problemen führen. Bei einer polyamourösen Beziehung hingegen muss dies nicht so sein. Was ist Polyamorie genau und wie verhilft man seiner polyamourösen Beziehung zum Erfolg? Hier erfährst du alles zu diesem Thema.

Was ist Polyamorie?

Bei Polyamorie unterhält man zu mehr als nur einer Person eine liebevolle Beziehung. Es handelt sich also um das Gegenteil einer monogamen Beziehung. Es gibt viele unterschiedliche Arten von polyamourösen Beziehungen. Z.B. könnte ein Partner eine Beziehung mit einer dritten Person haben oder auch beide Partner eine Beziehung mit der gleichen Person, oder beide Partner haben eine Freundin bzw. einen Freund parallel zu ihrer Beziehung. Polyamorie hat also nichts mit Fremdgehen zu tun.

Eine Untersuchung aus dem Jahr 2016 in den USA kam zu dem Ergebnis, dass jeder Fünfte bereits einmal eine nicht monogame Beziehung hatte. Und sogar noch mehr Menschen (31% der Frauen und 38% der Männer) sind für eine Beziehung mit mehreren Partnern offen.

Wenn man sich in einer polyamourösen Beziehung befindet, bedeutet das nicht, dass man ungestört mit jedem ins Bett gehen kann. Auch bei dieser Beziehungsform geht es um eine emotionale Bindung und sie ist deshalb ganz sicher kein Freibrief dafür, mit irgendwem ins Bett zu springen. Wenn man dies gerne möchte – mit Einwilligung des Partners -, ist man eher der Typ für eine offene Beziehung.

Begriffe innerhalb der Polyamorie

Man sollte sich bewusst sein, dass es sehr viele unterschiedliche Formen der Polyamorie gibt. Es gibt also keine felsenfesten Regeln, was erlaubt ist und was nicht. Bei polyamourösen Beziehungen wird man z.B. den folgenden Begriffen begegnen:

Triade/triangle

Eine Triade ist eine Dreiecksbeziehung zwischen drei Personen, wie sie z.B. in der Serie You Me Her zu sehen ist. Alle drei Personen haben hierbei ein emotionales Band und eine Beziehung miteinander.

V-Beziehung

Bei dieser Form hat eine Person eine Beziehung mit zwei anderen. Die beiden Personen haben aber keine Liebesbeziehung untereinander.

Primäre, sekundäre und tertiäre Beziehungen

Bei polyamourösen Beziehungen kann man (manchmal) zwischen primären, sekundären und tertiären Beziehungen unterscheiden. Diese Begriffe werden in erster Linie dafür benutzt, um für sich selbst deutlich zu machen, welche Beziehung einem am wichtigsten ist. Eine primäre Beziehung ist die stärkste Beziehung zwischen zwei Menschen. Das wäre z.B. ein Ehepaar mit Kindern oder ein Paar, das schon seit Jahren zusammenwohnt und einander als Familie betrachtet. Wenn man sich jemals für eine Liebe entscheiden muss, wird es die primäre Beziehung sein, die man wählt. Eine sekundäre Beziehung könnte z.B. ein Freund oder eine Freundin sein, mit der man – neben der Ehe – eine Beziehung unterhält. Und dann gibt es noch die tertiäre Beziehung. Sie ist am wenigsten wichtig oder ist noch sehr jung.

Für eine primäre Beziehung muss man übrigens nicht unbedingt zusammenwohnen. Es ist durchaus möglich, eine intensive Beziehung mit jemandem zu haben, mit dem man nicht in einem Haus lebt. Zudem kann man auch zu dritt eine primäre Beziehung haben. Polyamoristen versuchen untereinander so gleichwertig wie möglich zu sein.

Mono-Polybeziehung

In einer solchen Beziehung ist der eine Partner Polyamorist, während der andere monogam ist.

Mitfreude

Dieser Begriff bedeutet an sich das Gegenteil von Eifersucht. Er beschreibt das Gefühl, das man empfindet, wenn man sich darüber freut, dass der Partner sein Glück mit einer anderen Person gefunden hat.

Polyneugier

Wenn man sich nicht sicher ist, ob man Polyamorist (poly) ist, es aber gerne herausfinden möchte, dann ist man polyneugierig.

Wie schafft man es, dass eine Polyamorie-Beziehung funktioniert?

Wenn du glaubst, dass eine polyamouröse Beziehung etwas für euch wäre, spricht nichts dagegen, es einmal zu probieren. Mit einigen Tipps kannst du dafür sorgen, dass diese Beziehungsform auch bei euch ein Erfolg wird.

Kommunikation

Polyamorie ist kompliziert, darum ist es sehr wichtig – wie bei jeder anderen Beziehungsform auch -, gut miteinander zu kommunizieren. Zudem ist es wichtig, dass ihr auch beide voll hinter dieser Beziehungsform steht. Und das wird man vor allem dadurch entdecken, indem man es ausprobiert.

Achte auf das Gleichgewicht

Alles, was neu ist, ist spannend. Wenn man gerade einen neuen Partner neben seinem bestehenden dazubekommen hat, kann es eine Herausforderung sein, das richtige Gleichgewicht zu finden. Man sollte darum darauf achten, dass man, wenn man bei seinem primären Partner zu Hause ist, ihm oder ihr genügend Aufmerksamkeit schenkt. Man sollte es vermeiden, den ganzen Abend nur an den neuen Partner zu denken, mit ihm Nachrichten auszutauschen, zu telefonieren oder Mails zu schicken.

Klare Absprachen treffen

Vereinbart klare Regeln, was innerhalb eurer Polybeziehung erlaubt ist und was nicht. Man kann diese natürlich im Laufe der Zeit entsprechend anpassen. Bis dahin sollte man sich aber unbedingt daran halten. Man denke nur an Safer-Sex, das Mitnehmen des Partners nach Hause, sich mit dem sekundären Partner an wichtigen Festtagen zu verabreden oder nicht zu verabreden, zusammen schlafen, wenn die Kinder zu Hause sind usw. Ihr solltet alles besprechen und vereinbaren, wobei ihr euch wohl bzw. unwohl fühlt.

Es sollte kein Wettkampf werden

Falls dein Partner einen zweiten Partner gefunden hat, kann das manchmal einen gewissen Zugzwang auslösen. Man sollte deswegen aber nicht all seine Zeit mit Dating-Apps verbringen, nur um auch so schnell wie möglich jemanden zu finden. Das Ganze ist sicher nicht ein Wettkampf.

Kümmere dich nicht um die Meinung anderer

Eine monogame Beziehung gilt bei vielen Menschen als die Norm. Eine polyamouröse Beziehung wird hingegen viele Menschen leider dazu bringen, ihre Meinung abzugeben. Darum sollte man sich aber nicht kümmern! Es geht einzig und allein darum, dass du und dein Partner, dass ihr glücklich seid und dass ihr euch gemeinsam für diese Form der Beziehung entschieden habt. Ein Mann ist nicht weniger männlich, nur weil seine Frau noch einen weiteren Freund besitzt, und eine Frau wird nicht zur Schlampe, nur weil sie zwei Freunde und Freundinnen hat. Natürlich ist es am angenehmsten, wenn deine Freunde und deine Familie deine Beziehung(en) akzeptieren. Das lässt sich aber nicht erzwingen. Ihr könnt aber zumindest mitteilen, warum ihr euch für diese Beziehungsform entschieden habt.

Unterschied Polyamorie und andere Beziehungen

Polyamorie und offene Beziehung

Während es bei einer offenen Beziehung oft um Sex geht, steht bei einer polyamourösen Beziehung meistens Intimität und Liebe im Mittelpunkt. Bei beiden Beziehungsarten ist Offenheit und eine klare Kommunikation sehr wichtig. Bei Polyamoristen wissen die Freunde und die Familie (also auch die Kinder) darüber Bescheid, welche Art von Beziehung das Paar führt. Die anderen Partner besuchen auch die Wohnung. Bei einer offenen Beziehung kommen die sekundären Partner meistens nicht ins Haus des primären Partners. Ein großer Unterschied ist zudem, dass Menschen, die eine offene Beziehung unterhalten, einen ganz klaren primären Partner besitzen: den Partner, mit dem sie bereits zusammen waren, bevor der andere Partner hinzukam. Bei Polyamoristen ist diese Grenze nicht so scharf: Hier wird viel mehr versucht, gleichwertige Beziehungen zu führen.

Polyamorie und Polygamie

Polygamie bedeutet, dass ein Mann mit mehreren Frauen (Polygynie) oder eine Frau mit mehreren Männern (Polyandrie) verheiratet ist. Als weiterer Unterschied wird oft genannt, dass Polygamie eine rationale Verbindung ist, während die Polyamorie immer eine emotionale Verbindung ist. Polygame Beziehungen gibt es hauptsächlich bei bestimmten Glaubensrichtungen. Die Mormonen z.B. glauben an polygame Beziehungen und auch beim Islam gibt es polygame Beziehungen. In unseren westlichen Gesellschaften ist Polygamie meist verboten. Allerdings kann man u.U. eine polygame Beziehungsübereinkunft schließen.

Polyamorie und Swingen

Das Swingen basiert meistens auf einer sexuellen Beziehung und richtet sich weniger auf das Entwickeln einer emotionalen Bindung. Obwohl die Definitionen von Swingen und einer offenen Beziehung nicht sehr unterschiedlich sind, ist eine offene Beziehung doch meistens langlebiger als das Swingen, das oft nur einmalig ist. Polyamoristen sind keine Swinger, denn sie suchen langlebige, emotionale Beziehungen mit einem anderen Partner. Genau wie bei den offenen Beziehungen haben Swinger immer einen ganz klaren primären Partner.

Tipps von Polyamoristen

Im Internet findet sich viel zur Polyamorie. Und wer könnte einem bessere Tipps über polyamouröse Beziehungen geben als Polyamoristen selbst? Hier folgen einige Erfahrungen, die sie während ihrer Beziehungen gemacht haben.

Katie (28): “Man lernt, warum man eifersüchtig ist und wie man damit richtig umgeht. Man lernt zudem zu akzeptieren, dass es niemals eine einzige Person geben wird, die all deine Erwartungen erfüllen kann und dass das auch völlig in Ordnung ist.”

Jeff: “Verwende ein Kondom.”

Sheldra (45): “Ehrlichkeit ist bei jeder Beziehung unverzichtbar.”

Carly (31): “Keine Beziehung wird erfolgreich sein, wenn man keine Menschen außerhalb der Beziehung hat, die einen unterstützen. Menschen, die dich missbrauchen, isolieren dich aus gutem Grund von deinem sozialen Netzwerk. Tiefe Freundschaften werden dir immer den Freiraum gewähren, über Dinge zu sprechen, die in deiner Beziehung zu Konflikten führen und um über Lösungsmöglichkeiten nachzudenken.”

Ky (24): “Man lernt mit Eifersucht umzugehen und die Bedürfnisse des anderen zu akzeptieren. Man akzeptiert, was jemand anderes braucht und will, ohne zu versuchen, ihn dabei in eine Ecke zu drängen.”

Robin (29): “Es ist wichtig, dem Partner gegenüber so ehrlich und respektvoll wie möglich zu sein, auch wenn es manchmal schwerfällt, vor allem dann, wenn die Wahrheit wehtun kann. Dein Partner kann dann an einer Lösung arbeiten und er oder sie wird deine Integrität zu schätzen wissen.”

Anon (37): “Für eine glückliche Beziehung ist es wichtig, unabhängig und selbstständig zu sein.”

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