Warum gibt es die Pille für den Mann noch nicht?

Die Pille für den Mann

Schon seit 1962 nehmen Frauen die Antibabypille, um unerwünschte Schwangerschaften zu vermeiden. 60 Jahre Später gibt es aber noch immer keine Antibabypille für den Mann, obwohl gut 40 Prozent aller Schwangerschaften weltweit nicht geplant sind. Warum gibt es also noch immer keine Pille für den Mann?

Was ist die Pille für den Mann?

Wenn wir über die Pille für den Mann reden, ist damit ein Verhütungsmittel gemeint, durch das Frauen nicht schwanger werden sollen. Von allen Empfängnisverhütungsmitteln, die es gibt, ist nur eines für den Mann gedacht und bietet zudem nur einen vorübergehenden Schutz: Das Kondom. Der Rest der Verhütungsmittel wie z.B. die Spirale, die Antibabypille, das Diaphragma, die Drei-Monats-Spritze, der Verhütungsring und Verhütungspflaster werden alle von Frauen angewendet. Und sie ist in der Regel auch diejenige, die die Kosten tragen muss.

”Von allen Verhütungsmitteln ist nur eines eine (vorübergehende) Lösung, die Männer benutzen können: Das Kondom.”

Um die Frau nicht schwanger werden zu lassen, können Männer einen Coitus Interupptus betreiben (unterbrochenen Geschlechtsverkehr), was aber nicht sehr zuverlässig ist, oder sich sterilisieren lassen, was dann aber eine unumkehrbare Lösung wäre. All dies macht die Frage nach der Pille für den Mann zu einer recht logischen. Mit ihrer Hilfe könnte man zusammen dafür sorgen, dass die Frau nicht schwanger wird. Worauf warten wir also noch?

Lies auch: Antibabypille und andere Verhütungsmittel für Frauen

Eine kurze Geschichte über die Pille

Die Antibabypille wurde ursprünglich eigentlich für Männer entwickelt. Die Ärzte fanden die Nebenwirkungen bei Männern allerdings zu schwerwiegend. Indem über Progesteron die Samenproduktion lahmgelegt wurde, sank auch der Testosteronspiegel ab. Dies hätte mit kompensierenden Testosteroninjektionen korrigiert werden müssen. Zudem stellte sich diese Pille als weniger zuverlässig heraus als die Antibabypille bei Frauen. Man kam also zu dem Schluss, dass Frauen mit den unangenehmen Nebenwirkungen der eingenommenen Hormone besser dealen konnten und voilà: Die Antibabypille für die Frau war da.

Es gibt aber auch die Pille für den Mann

Die Antwort auf die Frage, wann endlich die Pille für den Mann kommt, wird dich vielleicht überraschen: Es gibt sie bereits. Die Pille wurde getestet und sie scheint auch gut zu wirken. Zur Zeit werden sogar gleich zwei entwickelt.

DMAU Pille für den Mann

Vor etwa zwei Jahren wurden die Ergebnisse einer Untersuchung der University of Washington und LA BioMed vorgestellt. Für diese Untersuchung nahmen 83 gesunde Männer einen Monat lang täglich die DMAU (DMAU (dimethandrolone undecanoate) Pille ein. “DMAU ist ein großer Schritt vorwärts in der Entwicklung einer täglichen ‘Pille für den Mann'”, sagt Dr. Stephanie Page, Medizinprofessorin an der University of Washington und eine der leitenden Forscherinnen. “Viele Männer geben an, dass sie lieber täglich eine Pille einnehmen würden als länger wirksame Injektionen oder Gels zu verwenden, die ebenfalls entwickelt werden.” Im Gegensatz zu der Pille, die schon früher entwickelt wurde, besitzt DMAU bisher keine negative Auswirkung auf den Testosteronspiegel. Hier kannst du die Ergebnisse der Untersuchung nachlesen.

11-beta-MNTDC

Eine weitere Pille für den Mann, die ebenfalls von der University of Washington und LA BioMed entwickelt wird, ist 11-beta-MNTDC (11-beta-methyl-19-nortestosterone dodecylcarbonate). Eine Gruppe von 40 Männern nahm an einer 28-tägigen Untersuchung teil, bei der sie täglich die Pille einnehmen mussten. Die Ergebnisse waren positiv. Die Männer, die die Pille einnahmen, produzierten wesentlich weniger Sperma. Und sie litten auch nur kaum unter Nebenwirkungen. Dennoch müssen die Untersuchungen hierzu noch wesentlich länger und ausführlicher durchgeführt werden, denn es dauert mindestens zwei bis drei Monate, bis die Spermienproduktion gänzlich gestoppt wird.

Andere neue Formen der Empfängnisverhütung für Männer

Wir hatten sie bereits kurz erwähnt: Gels und Injektionen, die ebenfalls als Verhütungsmittel für Männer entwickelt werden.

Hormongel

Das Hormongel wir auf den Schultern und dem Oberarm aufgetragen. Durch das Progestagen wird die Testorsteronproduktion stillgelegt, wodurch ebenfalls die Spermienproduktion gestoppt wird. Das Gel enthält gleichzeitig eine künstliche Form von Testosteron, wodurch kein nachteiliger Effekt für die Libido entsteht. Und wenn der Mann einmal vergisst, das Gel anzuwenden, ist das kein Beinbruch: Es dauert 72 Stunden, bis bei einem Samenerguss wieder Samenzellen freigesetzt werden. Der Vorteil dieses Gels ist, dass es direkt durch die Haut vom Blut aufgenommen wird; im Gegensatz zur Pille, die eingenommen wird und deren Hormone vergleichsweise schnell von der Leber abgebaut werden.

Das Hormongel wird von den beiden bereits genannten Institutionen weltweit getestet, darüber hinaus aber auch von Universitäten in Schweden, Schottland, England, Italien, Kenia und Chile. Erst Ende 2021 wird sich herausstellen, ob dieses Hormongel wirklich sicher ist: Dann wird man untersuchen, zu wie vielen Schwangerschaften es gekommen ist und welche Nebenwirkungen aufgetreten sind.

Injektionen

Eine der leitenden Forscherinnen, Christina Wang von LA BioMed erklärt: “Der bisherige Wissensstand ist, dass wir weniger von dem Medikament verwenden müssen, wenn wir es injizieren.” Das gilt sowohl für 11-beta-MNTDC als auch für DMAU. “Da es aber bei einer Injektion wesentlich länger im Körper verbleibt, dauert das Testen auch entsprechend länger. Jedes Mal, wenn wir die Dosis erhöhen, müssen wir dies zunächst besprechen, bevor wir weitermachen können.”

Warum sind diese Produkte noch nicht auf dem Markt?

Die Forscher der University of Washington und von LA BioMed sagen, dass es noch zehn Jahre dauern kann, bevor die Pille für den Mann wirklich auf den Markt kommt. Sie glauben aber, dass die Nachfrage groß genug ist. “Wenn wir Männer nach hormoneller Verhütung fragen, sind 50% bereit es damit zu versuchen. Und wenn man es ihre Partnerinnen fragt, ist der Prozentsatz noch höher”, sagt Dr. Page.

Das Interesse der pharmazeutischen Industrie ist dagegen weniger groß. Dr. Page: “In den 80er und 90er Jahren war die Pharmaindustrie durchaus interessiert, das hat sich in den letzten Jahren aber leider geändert. Ich vermute, dass sie denken, der Markt für eine Pille für den Mann wäre zu klein.” Zudem kostet es viel Zeit und Geld, um solche Mittel zu entwickeln und zu testen. Wenn die Pharmaindustrie denkt, dass sich dies nicht bezahlt machen wird, sinkt auch das Interesse. Darum wird auch die Entwicklung dieser zwei Pillen für den Mann nicht von den Pharmazeuten gesponsert, sondern vom The Eunice Kennedy Shriver National Institute of Child Health and Human Development (NICHD).

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