Warum man sich nach dem Masturbieren schämt

masturbieren

Solosex. Obwohl es hierbei nichts gibt, wofür man sich schämen müsste, tun wir es trotzdem. Denn wenn uns jemand ganz direkt fragt, ob wir masturbieren, reagieren wir wohl in den allermeisten Fällen mit einem Kichern und leugnen es kleinlaut. Das Thema bleibt mit einem Tabu behaftet. Woher stammt aber diese Scham?

Das Masturbieren ist so alt wie die Menschheit. Schon in den ägyptischen Schöpfungsmythen erschuf der Gott Osiris alle lebenden Wesen nach einer himmlischen Solosexsession. Genau, aus seinem durch Masturbation erzeugten Samen entstand die gesamte Schöpfung. Göttinnen, die mit ihrem Lustknubbel spielten, gab es dagegen nicht. Aber die weibliche Masturbation war sowieso bis tief ins letzte Jahrhundert ein noch sehr kontroverses Thema.

Wie auch immer, man kann sich sicherlich leicht vorstellen, dass auch schon unsere Vorfahren wussten, wie viel Vergnügen einem die Geschlechtsteile in einsamen Momenten bescheren können. Auf der ganzen Welt existieren prähistorische Höhlenmalereien und Tonfiguren von sich selbst befriedigenden Menschen. Und wer schon einmal ein griechisches Museum besucht hat, dem werden wahrscheinlich auch nicht die frivolen Bemalungen diverser Tongefäße entgangen sein, auf denen masturbierende Satyre abgebildet sind.

Aber egal wie normal und weitverbreitet das Masturbieren auch sein mag, löst es dennoch nach wie vor viel Scham aus. Vor allem bei Frauen. Sich selbst befriedigen, das macht man heimlich, versteckt. Darüber redet man nicht, denn wenn man ehrlich ist, erklingt irgendwo im Hinterkopf noch immer diese Stimme, die einem einredet, dass sich das nicht gehört.

Woher stammt diese Scham?

Warum lassen wir uns doch so sehr von dieser Schamspirale mitreißen? Bei vielen Frauen fängt dies bereits in ihrer Jugend an. Wenn man aufwächst, wird das Thema Masturbation wohl niemals einfach so angeschnitten. Eltern und Schulen versuchen sich gegenseitig dabei zu übertrumpfen, um vor Geschlechtskrankheiten und unerwünschten Schwangerschaften zu warnen, über das Vergnügen am Sex wird aber niemals gesprochen.

Und genau dabei geht es beim Masturbieren; es ist einfach ein sehr angenehmer und gesunder Teil der menschlichen Sexualität. Weil aber so wenig darüber gesprochen wird, erscheint den meisten Menschen Selbstbefriedigung als abnormal; etwas, wofür man sich schämen muss. Wir unterhalten uns mit unseren Freundinnen ganz unbeschwert über unser Sexleben und schrecken auch nicht davor zurück, von den herrlichsten Stellungen zu berichten. Das Thema Selbstbefriedigung wird aber so gut wie immer vollkommen ausgeblendet.

Hysterische Frauen

Kein Wunder, wenn man bedenkt, über wie viele Jahrhunderte das Thema tabuisiert wurde. Noch bis tief ins 20. Jahrhundert wurde uns mit den wildesten Märchen rund ums Thema Masturbation Angst eingejagt. Die Selbstliebe sollte zahllose Gefahren mit sich bringen. Man sollte durch sie blind, verrückt oder dumm werden können. Sie sollte die Vagina deformieren können und zu Impotenz führen. Man sollte wegen ihr sogar Selbstmordgedanken bekommen können.

Unter dem Einfluss der züchtigen Kirchenväter nahm die Angst vor der Masturbation hysterische Formen an, mit Keuschheitsgürteln und stacheligen Penisringen für Männer als traurigem Tiefpunkt. Lustigerweise kam aber gerade in dieser Zeit auch der erste Vibrator auf den Markt. Das Gerät wurde bei Frauen eingesetzt, die an ‘Hysterie’ oder sexueller Frustration litten. Da die Masturbation etwas Unreines war, mussten die Ärzte sich etwas anderes ausdenken. Ein einträgliches Geschäft, wie sich herausstellte, denn die Wartezimmer füllten sich sehr schnell mit ‘hysterischen’ Frauen.

Mit dem Schamhaar spielen

Der Kreuzzug gegen die ‘Selbstbefleckung’ hielt bis tief ins 20. Jahrhundert an, auch durch den Einfluss des Psychoanalytikers Freud. Er betrachtete die Masturbation als eine heillose, egoistische Tat. Denn schließlich bist du die einzige Person, die von deinem Orgasmus profitiert.

Erst um das Jahr 1970 wurde das Masturbieren als etwas Normales gesehen. Aber auch nach der sexuellen Revolution der Wilden Jahre blieb das Thema immer noch unter dem Radar, vor allem, wenn es um Frauen ging. Obwohl Wissenschaftler und Schriftsteller ihr Bestes gaben, um dieses negative Narrativ zu entkräften, litten nach wie vor sehr viele junge Mädchen unter Scham und Schuldgefühlen. Das ist auch sehr verständlich, wenn man sich mitten in der Pubertät befindet und sich sowieso schon so vieles am eigenen Körper verändert. Man bekommt Brüste, die Hüften werden breiter und – what’s in a name – und das Schamhaar beginnt zu sprießen.

Das Spielen mit dem Schamhaar und den eigenen Körper zu genießen, führte bei vielen Mädchen immer noch zu Gefühlen von Scham und Abneigung. Und das ist auch heute noch so.

Unterschied Jungen und Mädchen

Bei Jungen liegt der Fall oft etwas anders. Für sie ist so ein erster feuchter Traum fast so etwas wie ein Übergangsritus. Sie geben damit an, machen untereinander Witze darüber, denken sich eine ganze Reihe von vulgären Worten für das Masturbieren aus und tauschen Erfahrungen aus. Auch in den Medien ist das Masturbieren von Jungen kein Tabu. Und auch wenn das Thema in den einschlägigen Teenager-Komödien meist ins Lächerliche gezogen wird, zeigt es doch, dass das Masturbieren von Männern als eine völlig normale Erscheinung betrachtet wird.

Frauen, die sich fröhlich selbstbefriedigen? Man sieht sie auffallend seltener, ungeachtet aller Aufklärungskampagnen und Mädchenzeitschriften, die in den letzten Jahren der Medienlandschaft entwachsen sind. Und dieser Mangel an Sichtbarkeit führt dazu, dass dieses diffuse Schamgefühl nur schwer auszurotten ist.

So schreibt zum Beispiel die Sextherapeutin und Psychologin Laurie Mintz in Psychology Today über eine Umfrage zum Masturbieren, die sie in ihren Kursen durchführte. Obwohl 89% der weiblichen Studenten zugab, dass sie ab und zu masturbierten, fühlte sich ein Drittel deswegen auch schuldig. Im gleichen Artikel verweist Mintz auf die Psychoanalytikerin Joyce McFadden, die für The Huffington Post die gleiche Umfrage unter ihren Studenten durchgeführt hatte. Bei dieser Umfrage waren die Ergebnisse sogar noch bedauerlicher. Etwa 70% der Teilnehmer schämte sich für sein Masturbieren.

4 Tipps, um die Scham zu verbannen

Das Masturbieren passt natürlich nicht so recht zum Stereotyp der anständigen, bescheidenen und jungfräulichen Frau. Wir sehen Frauen noch immer unbewusst als sanfte Wesen, die sich der Sexualität des Mannes unterordnen.

Das Masturbieren ist aber ganz klar eine Möglichkeit, seine Sexualität zurückzuerobern. Den Genuss des eigenen Körpers zu erleben, ohne dass dazu ein Mann oder das Bedürfnis nach Fortpflanzung nötig wäre.

Masturbieren, das macht man nur für sich selbst, somit handelt es sich um eine echte Tat der Selbstliebe. Muss man sich dafür schämen? Natürlich nicht! Und macht man das trotzdem? Leider manchmal schon. Darum hier einige Tipps gegen das Schamgefühl für alle Frauen, die sich mit geröteten Wangen wegen ihrer wilden Solosexsession schuldig fühlen.

1: Ändere deine Denkweise

Versuche die Selbstbefriedigung nicht als Quelle der Scham zu sehen, sondern als eine Tat der Selbstliebe; genau wie eine Massage, einen Saunagang, eine gesunde Mahlzeit oder eine Yoga-Session. Sei dir der positiven Gefühle bewusst, die das Masturbieren in dir hervorruft. Fühlst du dich nach einer Runde Solosex nicht viel leichter, stärker, glücklicher, fröhlicher und entspannter? Ganz logisch, denn bei einem Orgasmus werden jede Menge Glückshormone freigesetzt. Halte diese Gefühle fest und werde dir bewusst, dass Selbstliebe gesund und notwendig ist; und eben auch die sexuelle Selbstliebe.

2: Entdecke deinen Körper

Fühlst du dich noch immer etwas schuldig, wenn du deine Finger in Richtung Vulva gleiten lässt? Machst du es deswegen nicht oder so gut wie nie? Dann solltest du zuerst einmal den Rest deines Körpers entdecken. Lass deinen Lustknubbel zunächst links liegen und konzentriere dich zuerst auf deine Beine, den Po, den Bauch, die Brüste und alle anderen Teile des Körpers; streichele sie. Gönne dir auf diese Weise eine sinnliche Massage mit duftendem Öl. Werde dir der prickelnden Gefühle bewusst, die dies in dir hervorruft und… entspanne dich. Solche Gefühle können doch unmöglich schlecht sein?!

3: Entdecke deine Vagina

Hast du jede Stelle deines Körpers berührt? Dann solltest du versuchen, dich auch mit deiner Vulva anzufreunden. Das solltest du zuerst visuell tun. Schäme dich nicht. Setze dich mit gespreizten Beinen vor einen Spiegel und sieh dir deine Vulva ganz genau an. Auf diese Weise wirst du deinen eigenen Körper besser kennenlernen und viel Scham verlieren. An deiner Vagina ist nichts Komisches oder Peinliches, sie ist gut, so wie sie ist. Anschließend kannst du deine Hände und Finger auf Entdeckungsreise zu deinen äußeren und inneren Schamlippen schicken, bevor du letztlich weiter nach innen gehst. Vergiss nicht, dass deine Vagina alle Liebe und Aufmerksamkeit verdient, die du ihr geben kannst.

4: Verliebe dich ein bisschen in dich selbst

Letztlich geht es bei der Selbstbefriedigung immer um Selbstliebe. Schenke dir selbst darum die gleiche Aufmerksamkeit, die du auch deinem Sexpartner schenkst. Der Umstand, dass du es mit dir selbst machst, bedeutet nicht, dass du jeglicher Romantik adieu sagen musst. Lasse dir Zeit, zünde eine Kerze an und mache es dir in deinem warmen Bett mit vielen Kissen bequem. Sehe es als ein Abenteuer mit dir selbst und experimentiere fröhlich drauf los; mit neuen Stellungen, Sextoys und Techniken. Auf diese Weise wirst du entdecken, was dich am meisten erregt, und dieses Wissen wird dir auch in deinem weiteren Sexleben nützlich sein.

Bade in deinem sexuellen Himmel, das hast du dir verdient!

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