Warum streiten wir uns immer zu Weihnachten?
Friede auf Erden zu Weihnachten? Hmm, nicht immer, denn so gemütlich und feierlich ein Weihnachtsessen bei der Planung auch zu sein scheint, so leicht kann es in der Realität zu Irritationen, Streit und langen Gesichtern kommen. Warum streiten wir uns doch so schnell an Weihnachten?
Verlaufen deine Weihnachtstage auf eine Weise, als entstammten sie direkt einem romantischen Weihnachtsfilm? Lucky you! Denn es gibt natürlich nichts Schöneres als ein Weihnachtsfest, bei dem alle froh sind, einander wiederzusehen und bei dem an der Festtafel jede Menge gelacht wird. Leider ist das nicht immer der Fall. Viele sehen den Feiertagen mit großem Widerwillen entgegen, weil sie höchstwahrscheinlich wieder mit einigen Tiefschlägen, zugeschmissenen Türen und Tränen auf den Putenknochen enden.
Das geschieht sogar häufiger, als man denkt. Denn in Kontrast zum Bild von perfekten Feiertagen, führt diese Zeit oft zu starken sozialen Spannungen. Für viele ist dies selbst die anstrengendste Zeit des ganzen Jahres. Warum? Weil man sich verpflichtet fühlt, Zeit mit der Familie und Familienmitgliedern zu verbringen, denen man überhaupt nicht nahe steht. Im besten Fall führt dies nur zu einigen Unwohlfühl-Momenten während des Smalltalks, im schlimmsten Fall geht man aber am Abend mit einem Gefühl voll Unbehagen und Abscheu zu Bett, zumindest, wenn die Bombe nicht schon beim Nachtisch explodiert ist.
Warum streiten wir uns an Weihnachten?
Das Zusammensein an Weihnachten kann aus unterschiedlichen Gründen stressig sein. Wenn man zum Beispiel kein so gutes Verhältnis zu seiner Familie hat, können Erinnerungen an frühere Konflikte und Spannungen auftauchen. Oder man verfällt in alte Verhaltensmuster.
Und was passiert dann? Dein Gehirn begibt sich in den Verteidigungsmodus, um dich zu beschützen. Dann reicht schon eine harmlose Bemerkung, um einen zu verärgern oder misstrauisch zu machen. Man reagiert sofort wie von der Tarantel gestochen: übertrieben scharf und verteidigend. Manchmal fühlt man sich 20 Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt und verhält sich selbst auch wieder wie ein aufsässiger Teenager. Manchmal verursachst du sogar selbst das Problem, weil du irgendwo unterbewusst erwartest, dass es sowieso schiefgehen wird.
Kleine Unterschiede
In einem Artikel in The Atlantic wird dies sehr schön beschrieben. Denn, hast du dich schon einmal gefragt, warum du dich eigentlich so sehr an deiner Mutter ärgerst, obwohl ihr euch doch so sehr ähnelt? Freud bezeichnete dies als ‘Narzissmus des kleinen Unterschieds’. Nach seiner Meinung sind es eben die kleinen Unterschiede zwischen den Menschen, die zu Feindseligkeit führen, vor allem dann, wenn die Betreffenden ansonsten über viele Gemeinsamkeiten und den gleichen Hintergrund verfügen.
Dabei ist es natürlich auch nicht gerade hilfreich, dass wir uns meistens an den Menschen messen, die uns am nächsten stehen. Wenn sie dann etwas sagen oder tun, das uns Magenschmerzen bereitet, fassen wir dies sehr schnell unterbewusst als eine negative Reflexion unserer selbst auf. Vielleicht ist deine Mutter genau wie du ganz verrückt nach High-Teas oder ein Kostümdrama und ihr könnt euch an einem entsprechenden Nachmittag köstlich zusammen amüsieren, im nächsten Moment könntest du sie aber bereits wieder am liebsten erwürgen, weil sie ganz unerwartet etwas Negatives über Asylsucher sagt. Das trifft dich in so einem Moment viel härter, als würde es eine Freundin oder ein Bekannter sagen. Du schämst dich für sie, gerade weil du dich mit ihr identifizierst.
Aus diesem Grund ist es meist klüger, Themen wie Politik oder Religion an Weihnachten beiseite zu lassen. Vor allem, wenn man weiß, dass sich die Auffassungen bezüglich dieser Themen im Laufe der Zeit voneinander entfernt haben.
Doppeldeutige Witze
Vorhersehbare Wiederholungen können einen ebenfalls in den Wahnsinn treiben. Es gibt kaum etwas Ermüdenderes, als sich ans Weihnachtsessen zu begeben, mit dem Wissen, dass Onkel Otto wieder mit seinen Jammergeschichten über Tante Helga anfängt.
Wir kennen eben unsere Familienmitglieder, und ganz besonders ihre kleinen Unausstehlichkeiten, die sich jedes Jahr wieder auf gleiche Weise manifestieren. Ganz besonders anstrengend wird es immer dann, wenn man schon eine Weile von Zuhause weg ist und die betreffenden Familienmitglieder nur noch an den Feiertagen oder auf Familienfesten sieht. Wenn man etwas mehr Abstand zur Familie hat, werden einem all diese kleinen ätzenden Eigenschaften nur umso stärker auffallen und entsprechend mehr ärgern.
Von knackenden Fingerknöcheln bis zum schallenden Lachen oder den jedes Jahr wiederkehrenden Fragen zum eigenen Single-Status: So ein Weihnachtsessen kann ein echter Spießrutenlauf sein, für den man jede Menge Geduld und Selbstbeherrschung mitbringen muss.
Alte Fehden
Wir hatten es bereits kurz erwähnt: Ein weiterer Grund, aus dem ein Weihnachtsessen auf dramatische Weise eskalieren kann, sind ungelöste Konflikte. Viele Familien neigen dazu, Konflikte nicht ausreichend zu lösen und kehren sie lieber unter den Teppich. Alles für den lieben Frieden. Wenn sich dann aber bestimmte Familienmitglieder nicht gehört fühlen, gärt es unter der Oberfläche und brechen alte Wunden oft zum unpassendsten Moment wieder auf.
Wie eben zum Beispiel beim weihnachtlichen Festgelage, wenn alle auf einmal wieder zusammen in einem Raum sind und der Alkohol reichlich fließt. Vor allem, wenn man ansonsten kaum Zeit miteinander verbringt, einander vielleicht regelmäßig sieht aber keine persönlichen Gespräche führt, kann es gut sein, dass eine solche schon jahrelang schlummernde Fehde wieder ausbricht. Oft fängt es mit kleinen Spitzen gegen den anderen an, mit ein paar Kommentaren unter der Gürtellinie, was letztlich zu zwei Kampfhähnen führt, die ihre aufgestaute Frustration hinausbrüllen.
Vielleicht ist man selbst auch ein bisschen das Schwarze Schaf der Familie oder einfach ein Außenseiter. Sind deine Geschwister alle extrovertierte Personen, die die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen, während du eher ein Mauerblümchendasein führst? Oder bist du selbst die dominante Person in der Familie und deine Geschwister ergeben sich in jede Rolle, die man ihnen zuweist? In solchen Fällen werden eure unterschiedlichen Temperamente zum Problem und wird es nicht lange dauern, bis Irritationen auftauchen.
Über was streitet man an Weihnachten meistens?
Außer alten Fehden und großen Unterschieden in der Persönlichkeit, gibt es an Weihnachten auch immer ein paar Dinge, über die gerne gestritten wird. Hier haben wie die häufigsten Themen für dich aufgelistet, inklusive einiger Tipps, mit denen sich ein Christmas Massacre vermeiden lässt!
1: Familie des Partners
Gut möglich, dass du mit der Familie deines Partners auf keinem guten Fuß stehst. Nicht ideal natürlich, im Alltag aber kaum störend. Das ändert sich jedoch an Weihnachten, wenn man gezwungen ist, den ganzen Tag miteinander zu verbringen. Man scheut sich vermutlich schon eine ganze Weile davor und steht entsprechend spontan unter Strom, sobald man über die Schwelle tritt. Unter solchen Umständen, wird man jeden Seitenblick und jedes Wort schnell falsch auffassen, kein Wunder.
Vergiss nicht, dass du andere nicht ändern kannst, du kannst allerdings selbst beschließen, dich anders zu verhalten. Nach Jahren des Ärgerns weißt du sehr gut, was bei dir was auslöst, darum könntest du entsprechenden Situationen oder Momenten aus dem Weg gehen und lieber kurz Luft schnappen oder in der Küche helfen. Setze dich zu den Menschen, mit denen dich am meisten verbindet und versuche bestimmte Bemerkungen oder Witze einfach an dir abprallen zu lassen. Du könntest dir sogar vorab schon einige höfliche Antworten zurechtlegen, um einer möglichen Konversation mit Konfliktpotential frühzeitig den Garaus zu machen.
2: Hohe Erwartungen
Bist du ein richtiger Weihnachtsfan, deine Familie ist aber eher gleichgültig gegenüber dem ganzen Zirkus? Auch dann sind Spannungen vorprogrammiert. Warum hat dein Vater am Heiligabend eine Jogginghose an? Warum steht das Essen in Pfannen und Töpfen auf dem Tisch und nicht in schönen Schalen? Warum brennen keine Kerzen? Und wer hat schon wieder den Fernseher eingeschaltet, anstelle feierliche Weihnachtsmusik aufzulegen?
Viele Menschen verbinden das Weihnachtsfest mit sehr hohen Erwartungen, sodass die Realität sie unweigerlich enttäuschen wird. Sie haben ein perfektes Bild von Weihnachten im Kopf, und weil sie dann auch alles ganz perfekt machen wollen, setzen sie viel zu hohe Standards an; sowohl bei sich selbst als auch bei der Familie. Sehr schade natürlich, denn obwohl so ein kitschig schönes Weihnachtsfest fraglos sehr gemütlich ist, geht es doch eigentlich darum, dass man sich – alle zusammen – gut fühlt. Du kannst ja dein eigenes Haus in ein Weihnachtsmärchen verwandeln, versuche aber auch zu akzeptieren, dass andere Menschen andere Ideen und Vorstellungen haben; ja, auch deine Eltern und der Rest der Familie.
3: Praktische Vereinbarungen
Mehr Menschen, mehr Probleme, vor allem, wenn es um die Planung geht. Früher waren die Weihnachtstage vielleicht noch schon übersichtlich, hat man aber einen Partner und die dazugehörige Familie, verändert sich alles. Wenn dann auch noch die Eltern geschieden sind und separat besucht werden müssen, wird es noch komplizierter.
Wer ‘bekommt’ den 1. Weihnachtsfeiertag? Lässt sich etwas auf Silvester verschieben? Kann man dieses Jahr nicht einfach einen Teil der Familie skippen, oder bekommt deine Mutter dann einen Herzanfall? Obwohl Weihnachten das Fest der Liebe ist, ähnelt die Planung dieser Tage nicht selten eher Krieg. Das kann so ausarten, dass manche einfach alles über Bord werfen und sich spontan in irgendwelche tropischen Gefilde zurückziehen.
Den Streit, der daraus entsteht, kann man dann ja im neuen Jahr austragen. Ob das eine gute Lösung ist? Na ja… Es sei denn, man hat wirklich Lust auf Weihnachten am heißen Strand. Macht man es aber nur deswegen, um seinen Verpflichtungen zu entkommen, gibt es sicherlich bessere Lösungen. Man sollte mit seinem Partner lieber genau planen, was man wirklich will und dies dann freundlich aber bestimmt der Familie bzw. den Familien mitteilen.
4: Traditionen
Jeder entwickelt im Laufe seines Lebens bestimmte Weihnachtstraditionen. Das bedeutet aber nicht, dass deine Traditionen auch zu denen deines Partners passen. Vielleicht bist du an ein frühes Weihnachtsfrühstück bei deinen Eltern gewöhnt, während dein Partner am 1. Weihnachtsfeiertag lieber ausgiebig ausschlafen möchte. Solche unterschiedlichen Gewohnheiten können leicht zu Reibereien führen.
Auch hier lauten die Zauberworte anpassen, flexibel sein, Kompromisse schließen. Jeder sollte dem anderen entgegenkommen und seine eingerosteten Vorstellungen einmal loslassen. Wer weiß, vielleicht entsteht auf diesem Wege eine ganz neue und sehr schöne Tradition!
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