Was bedeutet sexuelle Diversität genau?
Bei Sexualität geht es immer häufiger um die Diversität. Auch in der Schule spielt das Thema sexuelle Gesundheit und Diversität eine immer stärkere Rolle. In Bildungseinrichtungen wird also nicht nur noch auf sexuelle Gesundheit geachtet, sondern auch die sexuelle Diversität stärker berücksichtigt. Was ist das aber genau: sexuelle Diversität?
Sexuelle Diversität umfasst die Diversität, die neben der heterosexuellen Norm, wie sie die meisten Menschen kennen, existiert. Dabei geht es sowohl um Gender als auch um das Geschlecht. Auch innerhalb der romantischen Gefühle existiert große Diversität, die wollen wir in diesem Artikel allerdings nicht weiter betrachten.
Diversität bei sexueller Orientierung
Deine sexuelle Orientierung beschreibt, zu wem du dich sexuell hingezogen fühlst. Die sexuelle Anziehung und für wen man romantische Gefühle empfindet bzw. mit wem man gerne eine Beziehung hätte, muss nicht immer auf Gegenseitigkeit beruhen. Die bekanntesten Begriffe diesbezüglich sind heterosexuell, homosexuell und bisexuell. In den letzten Jahren sind aber noch einige Begriffe hinzugekommen wie z.B. pansexuell, demisexuell und asexuell. Einerseits ist es schade, dass ständig neue Begriffe erdacht werden müssen, um eine weitere Dimension der Sexualität zu beschreiben, andererseits ist es aber auch gut, dass es dann einen Term gibt, mit dem man sich wirklich identifizieren kann.
Pansexualität beschreibt sexuelle Anziehung zu allen Menschen, ungeachtet Gender oder Geschlecht. Man verliebt sich dann in einen Menschen, egal zu welcher Facette des sexuellen Spektrums sich die betreffende Person zugehörig fühlt. Das ist nicht das Gleiche wie bisexuell zu sein; in einem solchen Fall kann man sich sowohl von Frauen als auch Männern angezogen fühlen, das binäre Denken wird aber hierbei nicht losgelassen. Bei Pansexualität geschieht dies aber ausdrücklich.
Von Demisexualität wird gesprochen, wenn eine sexuelle Anziehungskraft und andere sexuelle Gefühle für eine Person erst dann entstehen können, wenn auch ein emotionales Band zu dem Betreffenden besteht. Diese Emotionale Verbindung ist somit eine Voraussetzung für die Sexualität.
Sexuelle Diversität – Asexualität
Asexualität beschreibt das Ausbleiben sexueller Gefühle eine andere Person betreffend. Das ist nichts, wofür man sich entscheiden kann, sondern etwas, mit dem man geboren ist. In manchen Fällen kann man davon ausgehen, dass auch ein sehr einschneidendes Ereignis der Auslöser gewesen sein kann, aber meistens tritt dies ohne sichtbare Ursache auf. Und weil sie in der Regel angeboren ist, wird die Asexualität auch als die vierte sexuelle Ausrichtung bezeichnet, also zu wem man sich sexuell hingezogen fühlt. Man hat dies, wie bereits erwähnt, nicht selbst in der Hand, sondern ist so geboren.
Bei Asexualität gibt es aber auch Abstufungen, in welchem Maße jemand das Bedürfnis nach Intimität, Geborgenheit und Zuneigung verspürt bzw. nach einer Partnerbeziehung. Ebenso ist das Bedürfnis nach Sex unterschiedlich: Sexuelle Gefühle für andere können nicht vorhanden sein, das Bedürfnis nach Sex aber schon. Die Betreffenden können dann Selbstbefriedigung genießen aber ein sexueller Kontakt zu einer anderen Person wird nicht so leicht stattfinden. Wenn man sich eine Beziehung zwischen einem asexuellen Partner und einem nicht asexuellen Partner vorstellt, kann es durchaus zu sexuellen Kontakten kommen, aber eher auf Basis von Zustimmung, weil man es dem anderen aus Liebe zu ihm gönnt. Damit wird also nicht gegen den Willen des asexuellen Partners verstoßen, der Sex entspringt aber auch nicht seinem sexuellen Verlangen. Er findet aus Liebe zum Partner statt, denn sie wissen, dass der Partner dieses Bedürfnis verspürt.
Asexualität ist ein ernstes Thema, über das noch zu wenig bekannt ist. Und weil man darüber noch recht wenig weiß, wird der Begriff meistens falsch verwendet. Vor allem viele Frauen bezeichnen sich als asexuell, weil sie weniger sexuelles Verlangen als früher verspüren. Das ist aber nicht Asexualität. Dabei handelt es sich einfach um eine Veränderung der eigenen Sexualität, was zu einer ganz normalen Sexualität passt und deshalb auch anders angegangen werden sollte.
Diversität bei der Genderidentität
Außer der Diversität, die sich auf die sexuellen Gefühle zu einer anderen Person beziehen, hört man auch immer öfter etwas über Gender-Diversität. Bei Gender geht es um den Aspekt des Gefühls, also wie sich jemand als Mensch identifiziert. Es geht dabei nicht um Sex bzw. sexuelles Verhalten einer Person. Zum Teil geht es aber auch um das biologische Geschlecht, das man bei der Geburt mitbekommen hat.
Im traditionellen Sinn wird hierbei von Jungen und Mädchen, Frauen und Männern gesprochen. Für die meisten Menschen gilt auch, dass sie sich mit diesen Begriffen zu 100% identifizieren können; also mit männlichen oder weiblichen Geschlechtsorganen. Allerdings gab es auch schon immer – egal, wie weit man in der Geschichte zurückgeht – Menschen, die sich nicht vollständig mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren können. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass jemand mit weiblichen Geschlechtsorganen geboren wird, sich selbst aber mehr mit dem männlichen Gender identifiziert; vielleicht sogar komplett. Das ist natürlich auch andersherum möglich, wenn sich also jemand als Frau identifiziert, obwohl er bzw. sie mit männlichen Geschlechtsorganen geboren wurde. In einem solchen Fall wird von einer Geschlechtsidentitätsstörung gesprochen.
Hierbei gibt es eine sehr große Diversität: Manche Menschen können sich absolut nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren, wogegen andere gerne damit abwechseln. Einige können ihren Körper mit seinem biologischen Geschlecht nicht akzeptieren, während andere keine Probleme damit haben, dass ihr Gender und ihr biologisches Geschlecht voneinander abweichen. Nicht jeder hat den Wunsch, seine Geschlechtsmerkmale mit Operationen oder Hormonbehandlungen zu verändern, viele aber schon. Außerdem kann es auch eine große Diversität bei der Art und Weise geben, wie man sein Gender zum Ausdruck bringt. Wie kleidest, bewegst und benimmst du dich? Wie bringst du dein Gender nach außen zum Ausdruck?
Sexuelle Diversität – Nonbinär
Wenn wir über weibliche und männliche Eigenschaften sprechen, weibliche und männliche Geschlechtsmerkmale oder eine weibliche bzw. männliche Identität, sprechen wir über ein binäres Konzept: eine Zweiteilung. Wenn wir aber über Genderdiversität sprechen, muss man ebenfalls über nonbinär sprechen, was sprichwörtlich ‘keins von beiden’ bedeutet. Menschen, die sich selbst als nonbinär identifizieren, identifizieren sich also weder als Mann noch als Frau. Sie sind einfach Menschen. Wie sich dies auf ihre Art, ihr Geschlecht zum Ausdruck zu bringen auswirkt und ihren Wunsch, ihrem biologischen Geschlecht anders Form zu geben, ist von der jeweiligen Person abhängig.
Es ist wichtig, dass die Leute wissen, was dies ist und dass es existiert, denn viele Menschen, die sich als nonbinär identifizieren, wissen oft sehr lange nicht, dass es überhaupt so etwas gibt. Dabei entsteht die Gefahr, dass die Betreffenden ihr ganzes Leben lang damit kämpfen, ihrer Identität Form zu geben und auch ihrer sexuellen Orientierung, wobei immer nur im ‘traditionellen Genderteilungskonzept’ Mann/Frau gedacht wird, falls dies überhaupt als Möglichkeit betrachtet wird. Solange sie nicht wissen, dass sie sich eigentlich als nonbinär identifizieren, werden sie wahrscheinlich auch weiterhin mit ihrer Genderidentität kämpfen.
Diversität innerhalb des biologischen Geschlechts
Jeder kennt das weibliche und männliche biologische Geschlecht, aber auch hierbei gibt es Formen der Diversität. Intersexualität betrifft das biologische Geschlecht, wobei man mit sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechtsorganen geboren wird. Die Geschichte zeigt uns hierzu erschreckende Beispiele, bei denen die Eltern und auch die Ärzte dem Kind niemals mitgeteilt haben, dass es so etwas wie Intersexualität gibt. Hierdurch kann es zu sehr komplexen mentalen Problemen kommen wie z.B. einer erheblichen Identitätsproblematik. Die Eltern beschlossen dann meist selbst, ob sie ein Mädchen oder einen Jungen haben wollten und verschwiegen ihrem Kind daraufhin die komplexe Vorgeschichte.
Später stellte sich sehr häufig heraus, dass die Eltern die ‘falsche’ Entscheidung getroffen hatten, dann das andere Geschlecht entwickelte sich zum dominanteren und nicht das, welches die Eltern bei der Geburt gewählt hatten. Auch heute ist dies nach wie vor eine schwierige Situation, allerdings sind Eltern und auch Ärzte mit ihren Entscheidungen inzwischen zurückhaltender. Im Idealfall warten sie einige Jahre, bevor sie in irgendeiner Weise eingreifen und beobachten zuerst, wie sich das Kind entwickelt. Anschließend kann das Kind selbst bei der Entscheidung mit einbezogen werden. Langfristig führt dieser Weg zu deutlich weniger mentalen Problemen und einer positiveren Identitätsbildung.
Etiketten und Stempel
Alle Begriffe, die hier genannt wurden, skizzieren ein sehr diverses Bild von Sexualität und Gender. Sehr viele Menschen akzeptieren noch nicht, dass es hierbei tatsächlich so viel Diversität gibt. Allerdings gibt es auch eine schöne Entwicklung, die zeigt, dass sich immer mehr Menschen mit etwas identifizieren können. Irgendwann werden all die Etiketten nicht mehr benötigt werden, denn die Normen werden nicht mehr so feststehen wie heute. Zur Bildung einer Identität ist es aber unerlässlich, dass sich jeder Mensch in etwas erkennt. In den kommenden Jahren werden zweifellos noch weitere Aspekte der sexuellen Diversität entdeckt werden. Bis dahin sollten wir uns aber bewusst sein, dass wir alle Menschen sind, genau wie du.
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