It´s a man´s world – warum die Wissenschaft Frauenkörper immer noch ignoriert

It´s a man´s world - warum die Wissenschaft Frauenkörper immer noch ignoriert | Magazin | Beate Uhse

Wir leben in einer Welt, die für Männer gemacht ist. Und das ändert sich nur sehr langsam. Zwischen 1950 und 1957 starben in der Bundesrepublik jedes Jahr etwa 10.000 Frauen an den Folgen illegaler Abtreibungen. Das bedeutet, Frauen hatten weder Informationsquellen, noch Möglichkeiten, neutral und selbstbestimmt mit ihrem Körper umzugehen.

Beate Uhse war keine Forscherin, und ihre Firma niemals ein wissenschaftliches Institut. Trotzdem war sie eine, die Wissen für Frauen schaffte – ohne Doktortitel, Professur oder grundsätzlicher Aufforderungen der Würden- bzw. Penisträger: Als Tochter einer der ersten Ärztinnen Deutschlands versuchte Beate Uhse nach dem Zweiten Weltkrieg junge Frauen darüber aufzuklären, wie sie eine ungewollte Schwangerschaft verhindern können. Auf einer geborgten Schreibmaschine tippte sie die “Schrift X”, wie sie ihre Broschüre nannte, und die wir heute mit diesem Magazin neu aufleben lassen. Sie teilte sie Informationen zur Zyklusbeobachtung und begann, sich immer öffentlicher für ein sexuelles Selbstbestimmungsrecht auszusprechen. Das war nicht nur revolutionär und versorgte Frauen mit Wissen – es war auch eine ebenso bitter nötige wie geniale Geschäftsidee.

Beate Uhse sah sich ganz einfach gezwungen, etwas für die Hälfte der Bevölkerung zu tun, nämlich die Frauen, die von der Wissenschaft großzügig ausgeschlossen wurden und für die so wenig Informationen über ihren Körper zur Verfügung standen. Dass Frauen und Frauenkörper in der Wissenschaft und Medizin anders bedacht werden als Männer und Männerkörper, ist leider nichts neues.

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Reden wir nicht lang um den heißen Ungerechtigkeits-Brei in der Forschung herum: Seit Beginn der Nobelpreisvergabe vor 120 Jahren gingen ganze 3% der naturwissenschaftlichen  Nobelpreise an Frauen. Es ist ganz einfach zu verstehen: Keine Frauen in der  Wissenschaft, kaum jemand, der Wissen für Frauen schafft.

Wenn wir nochmal kurz weiter ausholen dürfen? Dann wagen wir mal eben den  historischen Schulterblick: Die Geschichte von Frauen in der Forschung war und ist  natürlich eng an historische, wirtschaftliche und soziale Realitäten geknüpft. Frauen  wurde der Zugang zu Bildung in der Antike, im Mittelalter und in der Neuzeit untersagt.  Wissen war über mehrere Jahrtausende eben das exklusive Goodie der männlichen  Bevölkerung. Erst seit 1921 steht Frauen die Möglichkeit offen, an Universitäten zu lehren, von der  bis heute deutlich weniger Frauen als Männer Gebrauch machen. Auch nach der  Einführung des Frauenstudiums werden Frauen im wissenschaftlichen Bereich  diskriminiert und selbst die größten mathematischen oder naturwissenschaftlichen  Errungenschaften werden nicht anerkannt. Wie viele große Wissenschaftler fallen dir  ein und wie viele Wissenschaftlerinnen? Große Forscherinnen wie Marie Curie, Emmy  Noether oder Lise Meitner mussten zeitlebens gegen Verachtung ankämpfen.

Wie wär’s mit Geschlechtergerechtigkeit auf Rezept?

Und heute: Endlich beginnen in Deutschland ebenso viele Frauen ein wissenschaftliches Studium wie Männer. Je weiter es in Sachen Karriere aber geht, desto stärker sinkt der  Anteil der Forscherinnen wieder. Grund hierfür sind fehlende Hilfestellungen für die  Vereinbarkeit von Familie und Job. Und der Blick in die Medikamentenforschung zeigt auch noch immer Ungerechtigkeit  auf: Die Dosierung von Medikamenten wird im Schnitt für den 80-Kilo-Mann berechnet.  Medizinische Studien werden noch immer oft nur mit Männern durchgeführt und dann wird halt einfach davon ausgegangen, dass die getesteten Medikamente bei Frauen gleich wirken. Hormonelle Unterscheide, die Menstruation oder eine andere Knochenstruktur? Ach, egal. In den USA sind öffentlich geförderte medizinische Studien erst seit Kurzem dazu verpflichtet, auch Frauen zu berücksichtigen. Für private Studien gilt das nicht – und 80 Prozent der Studien werden nur mit Männern durchgeführt.

Prioritätsgruppe Männer

Was wir aber wissen: Bei Frauen sorgen Medikamenteneinnahmen 1,5-mal häufiger für  unerwünschte Nebenwirkungen als bei Männern. In manchen Fällen kann es für Frauen  sogar lebensgefährlich werden, wenn ein Medikament nur an Männern getestet wurde.  Und jetzt wird’s noch bitterer: Bist du eine Schwarze Frau oder eine trans Frau, bist du in  der Forschung quasi unsichtbar. Es gibt kaum Studien, die sich umfangreich um  marginalisierte Gruppen kümmern.

Gerade im Themenfeld der Sexualität ist die Wissenschaft einfach noch zu männlich  geprägt, das bedeutet Studien fokussieren sich mehr auf die männliche Sexualität. So

gibt es um ein vielfaches Forschungen über Erektionsstörungen als über das prämenstruelle Syndrom bei der Frau. Die fehlenden Daten zur Frauengesundheit wird übrigens als „Gender-Data-Gap“ bezeichnet.

Wir brauchen geschlechtsspezifische Forschung -in allen Bereichen

Weg von der Medizin hin zur Entwicklung: Nehmen wir zum Beispiel das Auto, ein  geschlechtsneutrales Fortbewegungsmittel müsste man meinen. Aber wusstest du,  dass die Crashtest-Dummies in den Sicherheitsprüfungen immer gebaut sind wie ein  Durchschnittsmann? Dass Frauen meist kleiner und leichter sind und auch weniger  Muskelmasse besitzen, scheint den Ingenieuren egal zu sein. Kommt es zu einem Unfall, ist  die Verletzungsgefahr daher für Frauen höher. Die Kopfstütze fängt den Aufprallschock  von Frauenkörpern schlechter ab , beim Gurt werden Brüste und  Schwangerschaftsbäuche nicht mitbedacht.

Auch anderswo nervt die Männerwelt: Die meisten Smartphones ist zu groß für Frauenhände konzipiert, will Frau den ganzen Bildschirm mit  dem Daumen benutzen, muss sie meist umgreifen. Und noch ein kleiner Frau-pax: Apple  hat für das iPhone eine Gesundheitsapp entwickelt – und dabei vergessen, dass rund die Hälfte der Bevölkerung eben menstruiert. Upsi.

Ladies, es wird besser!

Aber, wir wollen schließlich hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, es gibt auch gute News: Immer mehr Frauen gründen Unternehmen, sind wie Beate Uhse einst widerspenstig und mutig und entwickeln sinnhafte und realitätsnahe Produkte für Frauen. Und starke Frauen wie Anna Wilken klären über ihre Erkrankungen auf. Damit es endlich a woman´s world wird.

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