Pheromone: Fabel oder sexuelles Verführungswunder?

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Man kann sie nicht riechen, sie sind aber trotzdem vorhanden. Genau wie Tiere geben auch Menschen Pheromone ab. Sexuelle Lockstoffe, die wir über unsere Schweißdrüsen verbreiten. Wie funktionieren diese Stoffe aber genau? Und inwieweit beeinflussen sie unser Verhalten?

Was sind Pheromone?

Das Wort ‘Pheromon’ stammt aus dem Griechischen und bedeutet ‘Träger der Erregung’. Und das aus guten Grund, denn Pheromone werden von Insekten, Wirbeltieren und Menschen abgegeben, um das andere Geschlecht zu verführen.

Verhalten stimulieren

Pheromone sind kleine organische Verbindungen, die Hormonen ähneln, sich aber völlig anders verhalten. An sich handelt es sich um eine Art Kommunikationsmoleküle: chemische Substanzen ohne Geruch oder Geschmack, die Botschaften zu Mitgliedern der gleichen Art übermitteln, die die Nachricht aufnehmen und instinktiv auf sie reagieren.

Pheromone verändern also nichts im eigenen Körper, dafür aber etwas im Körper des Empfängers. Die meisten Insekten verwenden Pheromone, um miteinander zu kommunizieren, aber auch andere Tierarten geben diese Stoffe ab, um andere zu beeinflussen, so auch der Mensch. Sie werden meistens an den wärmeren und behaarten Körperregionen abgegeben wie z.B. in den Achselhöhlen, im Schambereich oder über die Kopfhaut.

Mäuse und Motten

Bombykol war das erste Pheromon, das 1959 entdeckt wurde. Das Pheromon wird von weiblichen Seidenmotten produziert und kann enorme Distanzen überwinden. Eine männliche Motte kann das Lockmittel noch aus mehreren Kilometern Entfernung wahrnehmen, woraufhin sie sich mit größter Eile auf den Weg zum Weibchen begeben wird.

Auch läufige Hündinnen produzieren Pheromone, um mitzuteilen, dass sie fruchtbar sind. Die Rüden können die Moleküle ebenfalls schon von weitem aufspüren, sodass sie genau wissen, wo sie suchen müssen.

Andere Pheromone verhindern dagegen die Fortpflanzung. Die Tränen einer jungen Maus enthalten zum Beispiel ein Pheromon, das der Muttermaus das Signal gibt, dass sie erst einmal keinen Nachwuchs mehr produzieren sollte. Ihre Libido wird auf diesem Wege gebremst, wodurch sie ihre ganze Energie und Mutterliebe in ihr bestehendes Nest investieren kann.

Queen Bee

Obwohl wir bei Pheromonen sofort an sexuelle Verführung denken, können Pheromone ganz unterschiedliche Botschaften übermitteln. Es gibt Pheromone, die vor Gefahren warnen, beim Abgrenzen von Territorien und bei der Suche nach Nahrung helfen.

Ameisen hinterlassen zum Beispiel Pheromonspuren, mit denen sie ihren Artgenossen helfen, den Weg zu einer entdeckten Nahrungsquelle zu finden. Darum sieht man Ameisen meistens in Form einer Linie bzw. Ameisenstraße krabbeln.

Die Bienenkönigin produziert den ‘Königinnenstoff’, ein spezielles Pheromon, das dafür sorgt, dass sich die Eierstöcke der Arbeiterinnen nicht gut entwickeln können. Auf diese Weise stellt die Königin sicher, dass sie das einzige fruchtbare Weibchen im Bienenstock ist.

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Wie funktionieren Pheromone?

Das ist ja alles schön und gut, wie die Tierwelt sich der Pheromone bedient, wie funktionieren nun aber diese sexy Lockstoffe beim Menschen? Geben wir auch auf natürliche Weise Pheromone ab oder sind sie unter einer dicken Schicht aus Zivilisation und Deodorant fachgerecht begraben?

Pheromone sind der natürliche Mechanismus, mit dem die Geschlechter einander in die Arme getrieben werden. Und obwohl sich Mensch und Tier in vielerlei Hinsicht unterscheiden, so besitzen sie doch beide den Drang, sich fortzupflanzen; um also Down and Dirty zu gehen und Nachwuchs in die Welt zu setzen. Das menschliche Verhalten ist vielleicht etwas komplizierter aber der zugrundeliegende Trieb ist der Gleiche.

Winziges Organ

Wie detektieren wir aber diese Pheromone? Das gelingt uns, genau wie den Tieren, mit Hilfe eines winzigen Organs in der Nase: dem Veromonasal Organ (VNO) oder Jacobson-Organ. Pheromone sind zwar geruchslos, das VNO kann sie aber hinten in der Nase wahrnehmen. Das Organ schickt die aufgefangene Information direkt weiter zum Hypothalamus im Gehirn, der unseren Sexualtrieb regelt.

Einer der schönsten Tricks hat übrigens nichts mit Sex sondern mit der Bindung zwischen Mutter und Baby zu tun. Direkt nach der Geburt scheiden die Brustwarzen der frischgebackenen Mutter einen Lockstoff aus, wodurch das Baby instinktiv weiß, wo die Milch zu finden ist. Neugeborene Babys bewegen sich deshalb mit geschlossenen Augen zielstrebig in Richtung Brust, was zeigt, wie sehr sie dem pheromongesteuerten Instinkt vertrauen, der sie zur Nahrung führt.

Andere Gene

Aber auch bei der menschlichen Sexualität spielen Pheromone eine Rolle. Frauen sollen z.B. ‘riechen’ können, ob ein Mann für sie geeignetes ‘Partnermaterial’ ist. Bei einer bekannten Untersuchung aus den 90er Jahren wurde eine ganze Reihe Männer angewiesen, für mehrere Tage im gleichen T-Shirt zu schlafen. Sie durften kein Aftershave oder duftendes Deodorant verwenden, das Waschen mit geruchsloser Seife war aber erlaubt.

Anschließend schnüffelten die Frauen an den Shirts und mussten angeben, welches Shirt sie am attraktivsten fanden. Es stellte sich heraus, dass alle Frauen eine Vorliebe für Shirts von Männern hatten, die eine ganz andere Genetik als sie selbst besaßen. Das bedeutet, dass sie alle Männer mit einem anderen Immunsystem wählten, was für die Fortpflanzung nützlich ist. Kinder von Eltern aus unterschiedlichen Genpools sind weniger anfällig für Krankheiten und Abweichungen.

Auch Männer werden nach Aussage der Forscher von Hormonen beeinflusst. Die Vagina scheidet Kopuline aus: Pheromone, die wie eine unsichtbare Wolke die Frau einhüllen. Die Menge an Kopulinen ist zur Zeit des Eisprungs am größten, und die Männer reagieren darauf, indem sie mehr Sexualhormone produzieren. Sehr praktisch, denn das bedeutet, dass Männer die Frauen am attraktivsten finden, wenn diese am fruchtbarsten sind.

Pheromone mit Duschen und Deodorant ausschalten

Trotz all dieser Untersuchungsergebnisse hat sich der Effekt der Pheromone auf den Menschen als weniger spektakulär als bei Tieren herausgestellt. Es wurden nicht sehr viele erfolgreiche Untersuchungen durchgeführt und viele der Experimente sind umstritten oder inzwischen wissenschaftlich überholt.

Visuelles Bild

Tatsächlich sind Pheromone beim modernen Menschen etwas weniger dominant als bei unseren primitiven Vorfahren; vor allem mit zunehmendem Alter. Die Produktion von Pheromonen nimmt nach dem 20. Lebensjahr stark ab.

Und unser Hang zur Hygiene verbessert die Wirkung auch nicht gerade. Wir geben Pheromone ab, wenn wir schwitzen, und genau diesen Schweißgeruch versuchen wir mit täglichem Duschen und Deos, die unsere Poren verstopfen, zu bekämpfen.

Eine weitere Erklärung für die eher schwache Wirkung der Pheromone beim Menschen, ist in der Liebe zu suchen. Sie hat sich in den letzten Jahrhunderten viel stärker auf das Auge und weniger auf die Nase konzentriert. Menschen schnüffeln nicht an einem potentiellen Partner, sondern sehen sich nach ihm oder ihr um. Wir überprüfen die optische Erscheinung und entscheiden, ob wir sie attraktiv finden oder nicht.

300 Gene

Viele Wissenschaftler argumentieren außerdem, dass der menschliche Körper nicht ausreichend zur Wahrnehmung von Pheromonen ausgerüstet wäre. Sie weisen auf das VNO hin, das bei Mäusen von ganzen 300 Genen bestimmt wird. Beim Menschen dagegen lediglich von zwei Genen. Die kleinen Vertiefungen in der Nasenhöhle sind zudem nicht einmal bei allen Menschen vorhanden, was bedeuten würde, dass diese VNO-losen Personen überhaupt keine Pheromone wahrnehmen könnten.

Echter Konsens herrscht in der Wissenschaft also noch nicht. So schien eine Studie aus dem Jahr 2011 wieder darauf hinzuweisen, dass der Mensch durchaus über pheromondetektierende Fähigkeiten verfügen würde. Als die Teilnehmer einem spezifischen Pheromon ausgesetzt wurden und die Forscher ihr VNO blockierten, waren trotzdem sichtbare Reaktionen im Gehirn nachweisbar. Warum? Offensichtlich war das Nasenorgan selbst im Stande, die Pheromone wahrzunehmen.

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Sexappeal aus dem Fläschchen

Trotzdem muss das Thema weiterhin ausführlich untersucht werden, bevor man sicher sein kann, dass Menschen tatsächlich von sexuellen Lockstoffen angezogen werden, sagt Tristram Wyatt, Zoologe an der University of Oxford. Seiner Meinung nach gibt es einfach noch nicht genügend Beweise dafür, dass entsprechende Pheromone tatsächlich existieren und den menschlichen Fortpflanzungstrieb beeinflussen.

Der sexuelle Paarungstanz, eingegeben durch umherschwirrende Pheromone, bleibt also vorläufig noch umstritten.

Matratzensport

Wie steht es aber um etwas Sexappeal aus dem Fläschchen? Kann man menschliche Pheromone industriell nachmachen, damit sich die Geschlechter zum Matratzensport angeregt fühlen?

Bei Schweinen scheint es jedenfalls zu klappen. Der Speichel von männlichen Schweinen steckt voller verführerischer Pheromone. Wenn ein Eber also über ein Weibchen schlabbert, wird sie sofort paarungsbereit. Bauern haben dieses Pheromon mit Pflanzenfett ‘nachgebaut’, wodurch sich die künstliche Befruchtung um einiges einfacher umsetzen lässt. Zumindest für den Bauer, nicht für die Schweinedame.

Wartezimmeruntersuchung

Bei einer bekannten Wartezimmeruntersuchung sollte die Wirkung künstlicher Pheromone am Menschen getestet werden. Das schien auch zu funktionieren, denn die Frauen setzen sich unbewusst öfter auf Stühle, die mit männlichen Pheromonen besprüht worden waren.

Bei einem anderen Experiment wurde die Wirkung von Parfüm mit weiblichen Pheromonen untersucht. Die Frauen wussten dabei selbst nicht, ob sie ein echtes oder ein Placebo-Parfüm aufgetragen hatten. Am Ende der Untersuchung stellte sich heraus, dass die Frauen, die echtes Pheromon-Parfüm trugen, mehr Verabredungen und Sex hatten, als Frauen, die das Placebo-Parfüm verwendeten.

Leider wurden die Untersuchung aber von einem Pheromonhersteller finanziert, wodurch die Ergebnisse gelinde gesagt umstritten sind…

Sexy, so eine Love Potion!

Aber egal, ob ein solches Spray nun wirkt oder nicht, das Bedürfnis nach entsprechenden Lockstoffen bleibt ungebrochen groß. Wenn man ein bisschen im Internet sucht, wird man sehr schnell auf Pheromonparfüm stoßen, das die sexuelle Anziehungskraft vertausendfachen soll.

Klingt verführerisch, vor allem wenn man bedenkt, dass Rattenpheromone wie Musk schon seit Menschengedenken die Parfüme bereichern.

Menschenpheromone aus dem Fläschchen also. Und was meinst du? Meistens riechen sie unheimlich sexy. Wie man es also dreht und wendet: Wenn man ein entsprechendes Düftchen trägt, werden sich sowieso alle Köpfe umdrehen. Und das dürfte vielleicht bereits ausreichen…

Sexy, so eine Love Potion!

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